Ich weiß nicht, ob ihr es schon mitbekommen habt: Es weihnachtet.
Und auch wenn ich sonst eher den spröden Charme verbreite, und nicht so viel Zeit in der herzchenverzierten Knuddelquietschkreischecke verbringe, berührt mich der unter all dem Stress verborgene, irgendwo herzerwärmende Glaube an das Gute, das Richtige und Harmonische dann doch. Und darum bin ich heute nett. So richtig. Also, so gut ich es eben vermag.
Heute möchte ich über Leser sprechen - den wichtigsten Bestandteil des Literaturbetriebs, auch wenn ausgerechnet er im Alltag zwischen Selbstdarstellern und Berufsnörglern, Kritikern, Händlern, Autoren, Agenten, Verlegern und all den vielen "Handwerkern", die sich auf diesem Marktplatz tummeln, zuallermeist vergessen oder nur abstrakt, etwas lieblos und ziemlich diffus als "die Leser" erfasst wird. Es gibt Verbände für Autoren mit und ohne Verlage, Buchhändler, Buchverlage, Übersetzer, Lektoren, ... aber keinen für Leser. Eine Marktlücke? Nein, ich denke nicht. Der Leser ist ein stolzes, unabhängiges und manchmal auch stures Geschöpf - auch wenn es sich in seiner Bescheidenheit seiner Macht nicht so richtig bewusst ist.
Diese Liebe zu Geschichten macht mehr als alles andere den Mensch zum Menschen. Es ist unsere Fantasie und die schöpferische Kraft, allein aus unseren Gedanken heraus etwas zu schaffen, was vorher nicht da war. Und das trifft auf den Leser noch weit mehr zu als auf den Autor! Klingt komisch, ist aber so.
Aber diese Threads zeigen, dass eine Geschichte erst zur Geschichte wird, wenn sie Leser findet. Autoren sind eine parasitäre Lebensform, ohne Euch, unsere Leser sind wir nichts. Sonst würden nicht nur wir verhungern (das tun wir auch mit Lesern, solange sie nicht ehrlich sind .... *zwinker*), sondern auch unsere Geschichten bloße Ideen bleiben.
Wenn ich eine Geschichte ersinne, sie niederschreibe und am Ende eines langen und gewissenhaften Arbeitsprozesses als Buch veröffentliche, habe ich den Samen gesät, aus dem Fantasie erwachsen kann. Es ist - laienwissenschaftlich ausgedrückt - zwar genetisch alles da, was die Geschichte braucht, Plot, Sprache, Figuren ... Aber erst, wenn sich wenigstens ein Leser ihrer annimmt, ihr das Wertvollste schenkt, was es heutzutage überhaupt gibt, nämlich Zeit - dann erst findet die Geschichte ein Tor in die Welt und darf wirken. Der Autor kann nur der Funke sein, das Feuer entfachen die Leser.
Ich bin (wie man vielleicht auch schon an meiner Liebe für bildhafte Metaphern erkennt) ein bekennender Fantast und halte ehrlich und aus tiefster Überzeugung die Fantasy (und speziell die High Fantasy) für die Krone der Literatur. Warum das so ist, möchte ich hier nicht ausführen, doch das werde ich noch. Keine Sorge. Oder eben schon.
Die erbitterten Debatten und das große Wehklagen zeigen, dass Ihr - die Leser es seid, die entscheiden, welche Geschichten wahrgenommen und welche von ihnen wirken dürfen. Ganz allein und völlig ohne Rücksicht auf die Meinung von Verlagen und Kritikern. Da werden Bücher, die kein vernünftiger Germanist lesen wollen würde, zum Kult (und damit meine ich nicht nur Bücher wie SoG, sondern eben auch Harry Potter, der zwar heute in Schulen gelesen wird, aber jahrelang keinen Verlag fand, weil keiner magische Internatsgeschichten wollte) - und von den Kritikern hochgelobte Bücher von der Masse trotzig geschnitten. So ist das mit den Lesern, die nicht im Kopf, sondern im Herzen erreicht werden wollen, die Geschichten fühlen und nicht dozieren möchten.
Ich bin euch zutiefst dankbar dafür, dass ihr das tut (auch wenn ich mich manchmal stiefmütterlich behandelt fühle, aber das ist menschlich und das dürft ihr weder ernst noch übel nehmen).
Bücher sind Samenkörner, in denen das, was der Nibelungendichter vor 1000 Jahren "heldenhaft" fand, uns bis heute prägt. In denen das, was einem Goethe oder einer Jane Austen wichtig war, über die Jahrhunderte hinweg bewahrt wurde, in deren Büchern wir noch heute "nachempfinden" können, wie sich das Leben damals "angefühlt" hat. Wem diese Bücher heute zu langsam sind, sollte innehalten und verstehen, dass das Leben damals langsamer war. Dass ein Brief anders als eine Mail oder SMS nicht Millisekunden sondern Tage, Wochen brauchte, um empfangen zu werden. Dass Papier teuer war und man vorher überlegte, was man niederschrieb, was den anderen interessieren könnte, was zu bewahren sich lohnte.
Ich weiß nicht, ob es besser war. Aber es war anders.
Und es tut uns allen gut. zu wissen, dass unser "heute" eine Momentaufnahme ist, die weder unabänderlich ist noch war. Und wieder sind es die Leser, die dieses Wissen nicht nur in ihren Bibliotheken bewahren, sondern eben auch in ihren Köpfen - wo es unweigerlich zu wirken beginnt. .
Ob gut oder nicht - die Shades of Grey ändern das Rollenverhalten, legen Sehnsüchte frei, die unter dem Mantel anderer emanzipierterer Bücher verschüttet worden waren und setzen erneut Diskussionen in Gang, die wir für beendet gehalten haben. Sie geben den Zeitgeist wieder, konservieren ihn für die Nachwelt und erlauben uns, sich damit auseinanderzusetzen. Darum bin ich auch dagegen, alte Bücher dem modernen Leser anzupassen. Ich brauche keinen unrassistischen Rider Haggard, keinen politisch korrekten Ottfried Preußler und keine actionbeschleunigte Jane Austen oder einen gekürzten Tolstoi. Ich bin überzeugt, dass der Leser sich anpassen kann und dass er es will, weil er die Geschichte möchte. Weil es ein Dialog ist, den er sucht, weil er gerade mit der Präsentation anderer Ansichten seine hinterfragen kann, weil gerade an Reibung Emotion entsteht und gerade dort, wo etwas "anders" ist, gelernt werden kann. Das leisten Leser. Sie sind das Sprachrohr alter Zeiten, alten Wissens und - wichtiger noch - fremder Gefühle.
Ich bin gespannt, was man in 20 Jahren zu diesen 50 Colours of After Phänomenen sagen wird. Aber sicher ist: Diese Bücher wird man lesen müssen, um den sprunghaften Anstieg der Nachfrage nach Kabelbindern im Baumarkt zu verstehen. Und auch wenn ich denke, dass ein gutes Buch unter handwerklichen, sprachtheoretischen Aspekten selbstverständlich zu bewerten ist, so ist das wie mit der Mathematik. Jeder Liebende weiß, dass 1 und 1 rechnerisch zwei ergibt und doch so unendlich viel mehr sein kann, als die Summe der Einzelkomponenten. Das ist Magie. Und die lebt nicht in den Worten, sondern im Echo, das die Worte werfen. Nicht im Autor also, sondern im Leser. Und dafür danke ich jedem einzelnen, der seine Zeit mit einem Buch verbringt.
Ich möchte, dass meine Bücher die Welt verbessern. Ich schreibe keine philosophischen Werke über den Wert der Freundschaft, sondern lieber Geschichten über Freunde. So, dass man lachen kann dabei, weil lachende Menschen lieber zuhören. Und ich bin glücklich, wenn ich dadurch erreiche, dass ihr beim Lesen versteht, was ich mit Freundschaft meine, so wie ihr auch übernehmt, was der Nibelungendichter mit Siegfried so als Protohelden gebastelt hat.
Kein Mensch gleich einem anderen und jedes Buch erzählt zwischen den Zeilen viel, viel mehr als mit dem Text allein. Das ist selbst bei Fachbüchern so, wo man sich bei kritischer Lektüre häufig fragt, warum die Argumentationskette nun so und nicht anders aufgebaut wurde, warum hier nicht weiter vertieft und dort etwas so breit ausgewalzt wird.
Aber in der Belletristik liegen zwischen den Zeilen, in der Wahl der Stilmittel und Worte, ja selbst in der Frage, wann man wo einen Absatz macht, unter Umständen Welten. Welten, die jeder Leser für sich entdeckt, interpretiert und gestaltet - oder eben auch liegen lässt.
Es ging in der Schule los, als die Lehrer immer Dinge in den Texten entdeckt haben, auf die ich nie, nie, nie gekommen wäre (und damit meine ich nicht nur das berühmte Phallus-Symbol, das in freudschem Chiffreneifer hinter allem vermutet wird, was höher ist als breit).
Dieses Befremden teilten nicht nur meine Mitschüler, sondern auch Größen wie Max Frisch, der anlässlich der Veröffentlichung von "Mein Name sei Gantenbein" in einem Brief schrieb, dass es ihn erstaune, was die Kritiker alles aus den Büchern rauslesen, das er nie reingeschrieben hätte. Solche Zitate mit euphorischem Triumph meinem Deutschlehrer vorgehalten, erweckten indessen nur ein müdes Schulterzucken. Da sähe ich einmal, was für ein Genie Herr Frisch doch besessen habe, das sich aus dem Unterbewusstsein hochkochend, quasi am Tagesbewusstsein vorbei seinen Weg in die Freiheit des Textes gebahnt habe. Tja, ein Glück, dass Max Frisch nicht über BDSM schrieb, da hätte das Genie schön doof geschaut. So kopfüber über einen Stuhl gehängt und festgebunden.
Damals wusste ich darauf keine Antwort und habe resigniert aufgegeben und den Text erwartungskonform interpretiert. Heute vermute ich hingegen, dass das Genie eigentlich der Fantasie meines Deutschlehrers entsprungen ist, der in dem Text eine über die Wahrnehmung des Autors hinausgehende Wahrheit entdeckt und zu seiner (und erzwungenermaßen meiner!) Wirklichkeit gemacht hat.
Auch wenn ich mich jetzt nicht mit Max Frisch vergleichen will, so geht mir das mit meinen Lesern genauso. Die entdecken oft Verbindungen in meinen Texten, Anspielungen und Details, deren Reichweite ich mir so nicht bewusst war. Das ist toll, denn es zeigt, dass ich als Autor zwar der Samenspender für die Geschichte war, aber eben einen Leser brauche, der sie austrägt und wirken lässt, der sie zu etwas eigenem, womöglich größeren macht und an mich und den Rest der Welt zurückspielt.
Kommunikationstheoretisch ist jede Information doppelbödig. Die Aussage "Es brennt." kann je nach Kontext eine völlig unterschiedliche Bedeutung erfahren. Auf die Frage, was das Feuer macht, löst sie eine andere Reaktion auch beim Leser aus, als wenn das zur Begrüßung gesagt wird, wenn man zur Tür hereinstürmt. Einer bekannten Theorie zur Folge hat jede Aussage 4 Seiten, die von Empfänger und Sender nicht immer gleich wahrgenommen werden. Beim Lesen verschiebt sich das, denn neben der eigenen Interpretation formt er auch eine Erwartungshaltung gegenüber dem Protagonisten, die ihrerseits das Gesamtbild verändert. Um beim Beispiel zu bleiben: Wenn ein cooler Badass-Kerl auf die Frage, was das Feuer macht, antwortet, dass es brennt, hat das eine andere Wirkung, als wenn das naturblonde Prinzesschen das sagt. Dabei spielt nun aber herein, dass der Leser die Figur nicht unbedingt so wahrnimmt, wie sie sich der Autor vorstellt... So wie wir alle auch bezüglich unterschiedlicher Menschen zu sehr verschiedenen Ergebnissen kommen. Und weil ich das so unfassbar faszinierend finde, freue ich mich wirklich, ehrlich sehr, wenn mich Leser an ihren Leseerlebnissen teilhaben lassen - auch damit ich verstehe, wie ich schreiben muss, um meine Leser dahin zu bringen, wo ich sie haben möchte ... *hehehe*
Ich freue mich, wenn ich sehe, dass meine Bücher eine Heimat in fremden Buchregalen finden und dass ihr ihnen erlaubt, euch für ein paar Stunden aufzuheitern. Es ist das größte Kompliment, das ihr mir machen könnt, wenn ihr mir erzählt, dass ich euch beim Lesen eine gute Zeit beschert habe. Das ist unbezahlbar. Für beide Seiten. Und auch wenn ich "nur" Fantasy schreibe und auch über Romantik, und über Vampire und damit aber auch wirklich alle Klischees frontal nehme, die nach vorgeblich berufener Meinung "Schund" charakterisieren. Aber kann man nicht mit leichter Hand auch tiefe Wahrheiten schreiben? Darf man nicht dabei lachen und seufzen und schmachten, während man sieht, wie große Probleme besprochen und mit einem Lösungsansatz versehen werden?
Ich meine ja.
In meinem neuen Buch "Ein Weihnachtsmuffel zum Verlieben" habe ich mich zum Beispiel sehr intensiv mit dem Weihnachtsrummel und den verschiedenen Strategien, mit ihm umzugehen, auseinandergesetzt. Und nach Antworten auf die Frage gesucht, worin der unbestrittene Zauber von Weihnachten liegt, was Weihnachten ausmacht und was es in uns auslöst. Man muss das nicht kultursoziologisch betrachten, man kann auch einfach zwei Protagonisten nehmen und sie es ausprobieren lassen.
Und auch wenn ich sonst eher den spröden Charme verbreite, und nicht so viel Zeit in der herzchenverzierten Knuddelquietschkreischecke verbringe, berührt mich der unter all dem Stress verborgene, irgendwo herzerwärmende Glaube an das Gute, das Richtige und Harmonische dann doch. Und darum bin ich heute nett. So richtig. Also, so gut ich es eben vermag.
Heute möchte ich über Leser sprechen - den wichtigsten Bestandteil des Literaturbetriebs, auch wenn ausgerechnet er im Alltag zwischen Selbstdarstellern und Berufsnörglern, Kritikern, Händlern, Autoren, Agenten, Verlegern und all den vielen "Handwerkern", die sich auf diesem Marktplatz tummeln, zuallermeist vergessen oder nur abstrakt, etwas lieblos und ziemlich diffus als "die Leser" erfasst wird. Es gibt Verbände für Autoren mit und ohne Verlage, Buchhändler, Buchverlage, Übersetzer, Lektoren, ... aber keinen für Leser. Eine Marktlücke? Nein, ich denke nicht. Der Leser ist ein stolzes, unabhängiges und manchmal auch stures Geschöpf - auch wenn es sich in seiner Bescheidenheit seiner Macht nicht so richtig bewusst ist.
Es gibt sehr unterschiedliche Formen von Lesern.
- Die sprintstarken Schnellleser,
- die Buchstabenjunkies mit den turmhohen Subs,
- die nachtaktiven Büchereulen,
- die meist technikaffinen Berufsverkehrleser,
- die kaffee- oder teebewehrten Genussleser mit der Kuscheldecke,
- die Buchfashionistas mit den künstlerisch wertvollen Lesezeichen und Büchertäschchen,
- die knallharten Gebrauchsleser, die ein Taschenbuch schon auch mal umknicken wie eine Zeitschrift und statt Lesezeichen Eselsohren machen,
- die Weltenflüchter, die sich mit Büchern umgeben, als wären sie eine Schutzmauer gegen alle Widrigkeiten dieser Welt,
- die Querleser, die - mir unbegreiflich - mehrere Bücher zeitgleich lesen;
- die Stimmungsleser, die nur der aktuellen Gefühlslage entsprechende Titel konsumieren,
- die Statistiker, die über Subs, Lesefortschritte und -erfolge genauestens Buch führen,
- die Hardcore-Fans, die nur bestimmte Bücher gelten lassen und "ihre" Autoren auf Händen tragen, an denensie jede Kritik kategorisch untersagen,
- die Spezialisten, die ihrem Genre absolut treu bleiben und z.B. nur Contemporary urban local paranormal romance hetero new adult Fantasy lesen und alles andere als laaangweilig ablehnen,
- die Allesleser, vor denen man schon auch mal das Telefonbuch und Omas alte Enzyklopädie verstecken sollte,
- die Leseeremiten, die sich mit ihren Büchern in ihre Höhle verkriechen und von nichts und niemanden gestört werden wollen,
- die Gruppenleser, die keine Leserunde auslassen und in den einschlägigen Facebook-Buchgruppen zu leben scheinen,
- die Mitleider, die auf der Suche nach emotionalen Berg- und Talfahrten zu Buch und Reader greifen,
- die Kritiker, die kopfschüttelnd über das Verhalten der Protas wachen, als wären sie deren Psychiater (was in vielerlei Hinsicht sogar zutreffen könnte) und in Buchbesprechungen sehr ausführlich erklären, wie die Geschichte eigentlich hätte verlaufen sollen,
- die Büchersammler, die mit verklärtem Blick ihre Buchregale dekorieren, wie andere Menschen Hundekörbchen oder Kinderzimmer
- die ... achwas
Diese Liebe zu Geschichten macht mehr als alles andere den Mensch zum Menschen. Es ist unsere Fantasie und die schöpferische Kraft, allein aus unseren Gedanken heraus etwas zu schaffen, was vorher nicht da war. Und das trifft auf den Leser noch weit mehr zu als auf den Autor! Klingt komisch, ist aber so.
Mein und dein ist unser?
Eigentlich wollte ich den Beitrag an "meine" Leser richten, aber aus dem Bauch heraus erschien es mir nicht richtig. Es sind nicht "meine" Leser. Das klingt so besitzergreifend. Wenn, dann wäre ich viel eher "ihr" Autor. Das ist gut, denn es erlaubt mir, andere Autoren als geschätzte Kollegen und viele sogar als Freunde zu haben. Leser nützen sich nicht ab. Die kann man teilen - und wenn man es tut, indem man mit ihnen auch über die Bücher der Kollegen spricht, werden es wundersamerweise für alle mehr. So soll das sein, an Weihnachten ganz besonders. So gesehen, sind wir doch auf der Insel der Glückseligen und Weihnachten für alle für immer... (schnee- und kitschbereinigt allerdings!)
Ich meine das wirklich so, denn würden wir Autos verkaufen, wäre der Konkurrenzdruck übrigens größer. Auch noch so großen Autonarren sind bei der Anschaffung mehrerer Karossen materielle und räumliche Grenzen gesetzt ... Und darum verzeihe ich allen missgünstigen Kollegen, die durch Aus- und Abgrenzen andere Autoren vom Erfolg fernzuhalten versuchen, sie wissen es offenbar nicht besser und verstehen nicht, was das Einzigartige an Büchern ist. Sie verstehen nicht, dass es um die Geschichten geht und dass es nicht das "eine" Buch gibt. Entweder man liest und dann wiederholt - oder man liest gar nicht. Schullektüre vielleicht mal ausgenommen.
Ich empfehle gerne Bücher und freue mich an der bunten Sammlung neuer und neu erzählter Geschichten, die alle darauf warten, erlebt zu werden, die wirken wollen und zaubern. Ich freue mich für die Leser und für die Autoren und für die Buchhändler auch. Es ist mir egal, woher diese Geschichten stammen, denn ich will einfach zusehen, wie sie Farbe in die Welt bringen. Erschreckend viele Leser wissen gar nichts von dem Grabenkampf zwischen Verlags- und Selfpublisher-Büchern und noch viel weniger von dem der Indie-Verlage gegen die großen Publikumskonzerne. Weil sie es gar nicht wissen wollen. Es interessiert sie schlicht nicht. Sie wollen schöne Geschichten - und im Prinzip nichts anderes (auch wenn - so unterschiedlich sind Menschen eben - auf unterschiedlichen Wegen in Amazonien oder Thaliasien oder einem kleinen Buchladen oder über Flohmärkte nach diesen Geschichten gesucht wird, die auf unterschiedliche Weisen, elektronisch oder papierlastig konsumiert werden).
Übrigens sind Autoren oft selbst die besten Kunden ihrer Buchhändler. Also ich jedenfalls. auch hier wieder ein harmonisches Geben und Nehmen. In Bezug auf meine Bucheinnahmen bin ich jedenfalls eigentlich nur eine Geldumverteilungsmaschine. Ich lese viel, viel mehr als ich schreibe und manchmal denke ich auch, dass ich mehr lese als ich verkaufe (Diesen Eindruck gewinne ich regelmäßig nach exzessiven Besuchen in der Buchhandlung, elendem Versumpfen in den Tiefen Amazoniens - oder eben manchmal auch nach Konsultation meiner Kontoauszüge). Ich möchte daher ausdrücklich meine (auch) lesenden Autorenkollegen in meine "Liebeserklärung" mit einbeziehen.
Die Magie erwacht erst im Echo, das die Worte werfen
Letztens erst hatten wir eine Debatte über schlechte Rezensionen mit einem sich unverstanden fühlenden Markus Heitz und nur ein paar Tage zuvor mit T.S. Orgel über Qualität von Büchern (und die mich langweilende Frage, ob dabei ein Verlagslogo ein Qualitätsmerkmal sei). Ich will die Debatte um die unterschiedliche Weltsicht von Lesern und Autoren oder Verlagsautoren und Indies oder verschiedenen, angeblich qualitativ unterschiedlich wertvollen Genres nicht wiederholen, obwohl ich bei beiden Debatten auf meinen Fingern saß, um nicht polemisch mitzutippen...Aber diese Threads zeigen, dass eine Geschichte erst zur Geschichte wird, wenn sie Leser findet. Autoren sind eine parasitäre Lebensform, ohne Euch, unsere Leser sind wir nichts. Sonst würden nicht nur wir verhungern (das tun wir auch mit Lesern, solange sie nicht ehrlich sind .... *zwinker*), sondern auch unsere Geschichten bloße Ideen bleiben.
Wenn ich eine Geschichte ersinne, sie niederschreibe und am Ende eines langen und gewissenhaften Arbeitsprozesses als Buch veröffentliche, habe ich den Samen gesät, aus dem Fantasie erwachsen kann. Es ist - laienwissenschaftlich ausgedrückt - zwar genetisch alles da, was die Geschichte braucht, Plot, Sprache, Figuren ... Aber erst, wenn sich wenigstens ein Leser ihrer annimmt, ihr das Wertvollste schenkt, was es heutzutage überhaupt gibt, nämlich Zeit - dann erst findet die Geschichte ein Tor in die Welt und darf wirken. Der Autor kann nur der Funke sein, das Feuer entfachen die Leser.
Ich bin (wie man vielleicht auch schon an meiner Liebe für bildhafte Metaphern erkennt) ein bekennender Fantast und halte ehrlich und aus tiefster Überzeugung die Fantasy (und speziell die High Fantasy) für die Krone der Literatur. Warum das so ist, möchte ich hier nicht ausführen, doch das werde ich noch. Keine Sorge. Oder eben schon.
Die erbitterten Debatten und das große Wehklagen zeigen, dass Ihr - die Leser es seid, die entscheiden, welche Geschichten wahrgenommen und welche von ihnen wirken dürfen. Ganz allein und völlig ohne Rücksicht auf die Meinung von Verlagen und Kritikern. Da werden Bücher, die kein vernünftiger Germanist lesen wollen würde, zum Kult (und damit meine ich nicht nur Bücher wie SoG, sondern eben auch Harry Potter, der zwar heute in Schulen gelesen wird, aber jahrelang keinen Verlag fand, weil keiner magische Internatsgeschichten wollte) - und von den Kritikern hochgelobte Bücher von der Masse trotzig geschnitten. So ist das mit den Lesern, die nicht im Kopf, sondern im Herzen erreicht werden wollen, die Geschichten fühlen und nicht dozieren möchten.
Ich bin euch zutiefst dankbar dafür, dass ihr das tut (auch wenn ich mich manchmal stiefmütterlich behandelt fühle, aber das ist menschlich und das dürft ihr weder ernst noch übel nehmen).
Lesen an sich ist so retro, so archaisch.
Schon im Neandertal standen vermutlich den Menschen in den Höhlen und haben die Wandzeichnungen betrachtet und sich vorgestellt, wie es wohl war, was da beschrieben wurde...Bücher sind Samenkörner, in denen das, was der Nibelungendichter vor 1000 Jahren "heldenhaft" fand, uns bis heute prägt. In denen das, was einem Goethe oder einer Jane Austen wichtig war, über die Jahrhunderte hinweg bewahrt wurde, in deren Büchern wir noch heute "nachempfinden" können, wie sich das Leben damals "angefühlt" hat. Wem diese Bücher heute zu langsam sind, sollte innehalten und verstehen, dass das Leben damals langsamer war. Dass ein Brief anders als eine Mail oder SMS nicht Millisekunden sondern Tage, Wochen brauchte, um empfangen zu werden. Dass Papier teuer war und man vorher überlegte, was man niederschrieb, was den anderen interessieren könnte, was zu bewahren sich lohnte.
Ich weiß nicht, ob es besser war. Aber es war anders.
Und es tut uns allen gut. zu wissen, dass unser "heute" eine Momentaufnahme ist, die weder unabänderlich ist noch war. Und wieder sind es die Leser, die dieses Wissen nicht nur in ihren Bibliotheken bewahren, sondern eben auch in ihren Köpfen - wo es unweigerlich zu wirken beginnt. .
Ob gut oder nicht - die Shades of Grey ändern das Rollenverhalten, legen Sehnsüchte frei, die unter dem Mantel anderer emanzipierterer Bücher verschüttet worden waren und setzen erneut Diskussionen in Gang, die wir für beendet gehalten haben. Sie geben den Zeitgeist wieder, konservieren ihn für die Nachwelt und erlauben uns, sich damit auseinanderzusetzen. Darum bin ich auch dagegen, alte Bücher dem modernen Leser anzupassen. Ich brauche keinen unrassistischen Rider Haggard, keinen politisch korrekten Ottfried Preußler und keine actionbeschleunigte Jane Austen oder einen gekürzten Tolstoi. Ich bin überzeugt, dass der Leser sich anpassen kann und dass er es will, weil er die Geschichte möchte. Weil es ein Dialog ist, den er sucht, weil er gerade mit der Präsentation anderer Ansichten seine hinterfragen kann, weil gerade an Reibung Emotion entsteht und gerade dort, wo etwas "anders" ist, gelernt werden kann. Das leisten Leser. Sie sind das Sprachrohr alter Zeiten, alten Wissens und - wichtiger noch - fremder Gefühle.
Ich bin gespannt, was man in 20 Jahren zu diesen 50 Colours of After Phänomenen sagen wird. Aber sicher ist: Diese Bücher wird man lesen müssen, um den sprunghaften Anstieg der Nachfrage nach Kabelbindern im Baumarkt zu verstehen. Und auch wenn ich denke, dass ein gutes Buch unter handwerklichen, sprachtheoretischen Aspekten selbstverständlich zu bewerten ist, so ist das wie mit der Mathematik. Jeder Liebende weiß, dass 1 und 1 rechnerisch zwei ergibt und doch so unendlich viel mehr sein kann, als die Summe der Einzelkomponenten. Das ist Magie. Und die lebt nicht in den Worten, sondern im Echo, das die Worte werfen. Nicht im Autor also, sondern im Leser. Und dafür danke ich jedem einzelnen, der seine Zeit mit einem Buch verbringt.
Ich möchte, dass meine Bücher die Welt verbessern. Ich schreibe keine philosophischen Werke über den Wert der Freundschaft, sondern lieber Geschichten über Freunde. So, dass man lachen kann dabei, weil lachende Menschen lieber zuhören. Und ich bin glücklich, wenn ich dadurch erreiche, dass ihr beim Lesen versteht, was ich mit Freundschaft meine, so wie ihr auch übernehmt, was der Nibelungendichter mit Siegfried so als Protohelden gebastelt hat.
Es werden nie zwei Menschen dasselbe Buch lesen.
Dieser Spruch beschäftigt mich seit langem.Kein Mensch gleich einem anderen und jedes Buch erzählt zwischen den Zeilen viel, viel mehr als mit dem Text allein. Das ist selbst bei Fachbüchern so, wo man sich bei kritischer Lektüre häufig fragt, warum die Argumentationskette nun so und nicht anders aufgebaut wurde, warum hier nicht weiter vertieft und dort etwas so breit ausgewalzt wird.
Aber in der Belletristik liegen zwischen den Zeilen, in der Wahl der Stilmittel und Worte, ja selbst in der Frage, wann man wo einen Absatz macht, unter Umständen Welten. Welten, die jeder Leser für sich entdeckt, interpretiert und gestaltet - oder eben auch liegen lässt.
Es ging in der Schule los, als die Lehrer immer Dinge in den Texten entdeckt haben, auf die ich nie, nie, nie gekommen wäre (und damit meine ich nicht nur das berühmte Phallus-Symbol, das in freudschem Chiffreneifer hinter allem vermutet wird, was höher ist als breit).
Dieses Befremden teilten nicht nur meine Mitschüler, sondern auch Größen wie Max Frisch, der anlässlich der Veröffentlichung von "Mein Name sei Gantenbein" in einem Brief schrieb, dass es ihn erstaune, was die Kritiker alles aus den Büchern rauslesen, das er nie reingeschrieben hätte. Solche Zitate mit euphorischem Triumph meinem Deutschlehrer vorgehalten, erweckten indessen nur ein müdes Schulterzucken. Da sähe ich einmal, was für ein Genie Herr Frisch doch besessen habe, das sich aus dem Unterbewusstsein hochkochend, quasi am Tagesbewusstsein vorbei seinen Weg in die Freiheit des Textes gebahnt habe. Tja, ein Glück, dass Max Frisch nicht über BDSM schrieb, da hätte das Genie schön doof geschaut. So kopfüber über einen Stuhl gehängt und festgebunden.
Damals wusste ich darauf keine Antwort und habe resigniert aufgegeben und den Text erwartungskonform interpretiert. Heute vermute ich hingegen, dass das Genie eigentlich der Fantasie meines Deutschlehrers entsprungen ist, der in dem Text eine über die Wahrnehmung des Autors hinausgehende Wahrheit entdeckt und zu seiner (und erzwungenermaßen meiner!) Wirklichkeit gemacht hat.
Auch wenn ich mich jetzt nicht mit Max Frisch vergleichen will, so geht mir das mit meinen Lesern genauso. Die entdecken oft Verbindungen in meinen Texten, Anspielungen und Details, deren Reichweite ich mir so nicht bewusst war. Das ist toll, denn es zeigt, dass ich als Autor zwar der Samenspender für die Geschichte war, aber eben einen Leser brauche, der sie austrägt und wirken lässt, der sie zu etwas eigenem, womöglich größeren macht und an mich und den Rest der Welt zurückspielt.
Daheim ist, wo man verstanden wird.
In der Flut der Bücher empfinde ich es als Gnade, wenn ihr meine Bücher auswählt und auch wenn da noch Platz nach oben ist und ich weiterhin von Ruhm und Ehren und dem Megaseller träume - euch verdanke ich, dass ich da wo ich stehe, doch schon ziemlich viel erreicht habe und es viel weiter nach unten als nach oben ginge. Mein Erfolg liegt ausschließlich in euren Händen. Es ginge nicht ohne euer Feedback, eure Fragen zu den Protagonisten, eure "gepetzten" Tippfehler, die sich beharrlich mehreren Korrekturgängen entzogen haben, eure Empfehlungen und überhaupt eure Bereitschaft, meinen Geschichten eure Herzen zu öffnen. Ich sage oft, ich brauche jeden Leser - und ja, so ist es. Und ich schätze jeden einzelnen. Ein Musiker oder ein Schauspieler stehen auf der Bühne und bekommen Feedback in Form von Applaus. Die Beziehung zwischen Leser und Autor ist diskreter und erst das Internet hat überhaupt einen Austausch wie wir ihn heute praktizieren erlaubt. Fangruppen, wo man sich mit Lesern austauscht (auch wenn ich jetzt keine solche habe), Büchergruppen, wo man über Bücher spricht, sich freut und/oder aufregt (oft auch gleichzeitig), wartet und hadert, Empfehlungen abholt oder abgibt - das ist wundervoll, denn es bringt mich als Autor mit meinen Ideen den Lesern näher, damit Geschichten entstehen können, die bei euch ankommen. Ich lerne viel, wenn ich mit euch chatte, über die Wirkung kleiner Worte, über das Echo, das meine Texte werfen. Das ist logisch, denn ich weiß, worüber ich schreibe und mir ist daher klar, was ich ausdrücken will (meistens). Aber nur jener Teil meiner "Botschaft", der tatsächlich beim Leser ankommt, ist jener, der die Geschichte ausmacht, die dann wirkt.Kommunikationstheoretisch ist jede Information doppelbödig. Die Aussage "Es brennt." kann je nach Kontext eine völlig unterschiedliche Bedeutung erfahren. Auf die Frage, was das Feuer macht, löst sie eine andere Reaktion auch beim Leser aus, als wenn das zur Begrüßung gesagt wird, wenn man zur Tür hereinstürmt. Einer bekannten Theorie zur Folge hat jede Aussage 4 Seiten, die von Empfänger und Sender nicht immer gleich wahrgenommen werden. Beim Lesen verschiebt sich das, denn neben der eigenen Interpretation formt er auch eine Erwartungshaltung gegenüber dem Protagonisten, die ihrerseits das Gesamtbild verändert. Um beim Beispiel zu bleiben: Wenn ein cooler Badass-Kerl auf die Frage, was das Feuer macht, antwortet, dass es brennt, hat das eine andere Wirkung, als wenn das naturblonde Prinzesschen das sagt. Dabei spielt nun aber herein, dass der Leser die Figur nicht unbedingt so wahrnimmt, wie sie sich der Autor vorstellt... So wie wir alle auch bezüglich unterschiedlicher Menschen zu sehr verschiedenen Ergebnissen kommen. Und weil ich das so unfassbar faszinierend finde, freue ich mich wirklich, ehrlich sehr, wenn mich Leser an ihren Leseerlebnissen teilhaben lassen - auch damit ich verstehe, wie ich schreiben muss, um meine Leser dahin zu bringen, wo ich sie haben möchte ... *hehehe*
Ich freue mich, wenn ich sehe, dass meine Bücher eine Heimat in fremden Buchregalen finden und dass ihr ihnen erlaubt, euch für ein paar Stunden aufzuheitern. Es ist das größte Kompliment, das ihr mir machen könnt, wenn ihr mir erzählt, dass ich euch beim Lesen eine gute Zeit beschert habe. Das ist unbezahlbar. Für beide Seiten. Und auch wenn ich "nur" Fantasy schreibe und auch über Romantik, und über Vampire und damit aber auch wirklich alle Klischees frontal nehme, die nach vorgeblich berufener Meinung "Schund" charakterisieren. Aber kann man nicht mit leichter Hand auch tiefe Wahrheiten schreiben? Darf man nicht dabei lachen und seufzen und schmachten, während man sieht, wie große Probleme besprochen und mit einem Lösungsansatz versehen werden?
Ich meine ja.
In meinem neuen Buch "Ein Weihnachtsmuffel zum Verlieben" habe ich mich zum Beispiel sehr intensiv mit dem Weihnachtsrummel und den verschiedenen Strategien, mit ihm umzugehen, auseinandergesetzt. Und nach Antworten auf die Frage gesucht, worin der unbestrittene Zauber von Weihnachten liegt, was Weihnachten ausmacht und was es in uns auslöst. Man muss das nicht kultursoziologisch betrachten, man kann auch einfach zwei Protagonisten nehmen und sie es ausprobieren lassen.
Haben Sie versucht, Kredite von verschiedenen Kreditfirmen, sowohl von privaten als auch von Unternehmensorganisationen, zu erhalten, waren jedoch nie erfolgreich und die meisten Banken lehnten Ihre Kreditanfrage ab. "Wenn Sie sich mit einem Unternehmen in Verbindung setzen müssen, um ein Darlehen mit einem niedrigen Zinssatz von 3% und besseren Tilgungsplänen online zu sichern. Sie können uns per E-Mail unter {directaccesservice@gmail.com} oder whatsapp @ +15754148400
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