Dienstag, 27. August 2013

Super-Rezi für "Schwerttanz um Täuscher" - Ich freu mich.

Ich bemühe mich ja, nicht allzu viel über meinen Helden zu erzählen, einfach weil es so viel anderes über das Schreiben zu erzählen gibt und ich nicht immer nur werben mag...

Aber manchmal muss es eben doch sein. Eine Autorin, die ich sehr schätze, die eine wunderbar poetische Sprache hat, und obwohl sie andere Genres bedient, gewiss auch eine fantastische Fantay-Erzählerin wäre, hat meinen ersten Band gelesen... Was allein mich schon ehrt.

Doch noch ein Wort vorneweg:
Ahnt Ihr Leser, wie wichtig für einen Autor das Feedback ist?

Die "billigste" Art der Anerkennung ist paradoxerweise der Kauf des Buchs. Ich meine, niemand hat zuviel Geld (genauso wie keiner nach seiner Ansicht zu wenig Intelligenz hat), da ist es schon ein wunderbares Kompliment, wenn man diese knappe Ressource in die Hand nimmt, um mein Buch zu erstehen... Ganz besonders, wenn man nicht so einen Ramschpreis bei Amazon angesetzt hat.

Und ebenso schmeichelhaft ist es, wenn das Buch gelesen wird. Denn nichts ist so knapp wie Zeit, jede Sekunde ist unwiederbringlich und so ist es schon ein Riesenkompliment, wenn selbst ein noch so schneller Leser Stunden investiert, um zu erfahren, wie es Xeroan und seinen Freunden geht.

Das wissen wir Autoren natürlich und darüber freuen wir uns auch - nicht nur, weil es auch unsere Banker freut, wenn Geld aufs chronisch magersüchtige Konto kommt (und der Großteil der Autoren verdient nicht mal genug, um das Finanzamt davon zu überzeugen, dass der Laptop ein Betriebsmittel und nicht das Lustobjekt einer Liebhaberei ist).

Aber wirklich toll sind Rezensionen. Gute Rezensionen sind besser als schlechte, aber auch schlechte sind gut. Ich freue mich selbst über noch so lieblos hingepfuschte 0/8/15-Rezis, die sich streng am Klappentext orientieren und damit genaugenommen in urheberrechtliche Dunkelreiche abdriften.  Aber wenn sie jemand nach dem Lesen die Mühe macht, etwas darüber zu schreiben und sich solcherart intensiv mit meinem Buch, mit dem Ergebnis vieler Stunden intensiver Autorenarbeit zu befassen...
Haaach, das ist toll. Denn dann wirkt mein Buch nach.
Nach dem Gewitter - gwoe
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Und ich verstehe auch jene Autoren, über die sich die Facebook-Gemeinschaft so aufregt, die versuchen, durch Geschenke oder gar Bezahlung Rezensionen zu ergattern. Es ist so ein bisschen wie Wolfsgeheul. Man fühlt sich so allein in der Weite der Worte oder auch im Seitendickicht und Blätterwald und fängt dann, wenn das Schweigen andauert, irgendwann an zu rufen... Hallo? Ist da wer? Ist da irgendwer, der lesen kann? Hallo? Irgendwer?
Und ich verstehe auch, warum man irgendwann dafür bezahlt, damit man beachtet wird. Das ist nicht so groß anders, als bei einem Junkie, der auch einfach alles täte für ein bisschen von dem Stoff, der ihn glücklich macht.
Was ich sagen will - Rezensionen sind toll. Und ich freu mich über jede. Einfach wegen der Mühe, die sich der Rezensent mit dem Buch macht. Und die allerallerallermeisten anderen Autoren auch.

Und jetzt ein besonders schönes Beispiel zu meinem Buch - Angelika Lauriel schreib auf Lovelybooks:

Ich lese nicht (mehr) oft Fantasy, aber dieser Zyklus hat mich von Anfang an gereizt und interessiert. Also habe ich es gewagt. Und bin auf eine neue Welt gestoßen. Das macht High Fantasy aus.

Kay Noas Erzählstil hat mich sofort gefangen genommen. In dieser neuen Welt stimmt einfach alles: Natur, Magie, die Menschen, das Geschehen, der "historische" Hintergrund.

Am stärksten überzeugen mich persönlich die unglaublich lebensechten Charaktere. Sie entstehen in ihrer Welt, die sie geprägt hat und unserer doch fremd ist, zu glaubwürdigen Menschen, wie wir sie hier und heute überall treffen könnten. Hinter ihnen steht eine tiefe Zuneigung und Verständnis für ihre manchmal auf den ersten Blick inakzeptablen Haltungen und Handlungen. Warum ist ein Bösewicht ein Bösewicht? Hier wird es nachvollziehbar.

Ein zweiter für mich sehr wichtiger Punkt: die Sprache. In wunderschöner Erzählprosa mit lebendigen und witzigen Dialogen wird eine beinahe neue Sprache lebendig. Sie ist weder so wie unsere moderne Sprache, noch klingt sie historisierend. Eine sehr gelungene Mischung.

Und als Drittes hervorzuheben ist die Glaubwürdigkeit des gesamten Settings. Eine neue Welt ersteht vor dem inneren Auge, die bunt, prall und lebendig ist. Was will man mehr?

Gut, man muss bereit sein, Zeit und Hirn zu investieren, denn ein bisschen Konzentration ist von Anfang an notwendig. Aber sind nicht gerade diese Bücher die besonderen?

Von mir überzeugende fünf Sterne für diese außergewöhnliche High Fantasy!

Donnerstag, 22. August 2013

Charakterbildung - Schreibschule

Die meisten Autoren sehnen sich nach Lesern.
Das ist logisch, weil man schreibt ja, um gelesen zu werden. Meistens. Bei Franz Kafka war es anders, aber das ist wohl eher der berühmte statistische Ausreißer, jene Ausnahme, mit der das Schicksal dafür sorgt, dass man niemals sicher sein darf. Das ist ein atypischer Autor.

Ich bin da eher das Klischee bedienend, denn ich schreibe  für Leser und träume von Ruhm und Ehre. Wobei ehrlich gesagt die Leser, die ich habe, bei weitem nicht so zahlreich sind, wie ich es gerne hätte - weshalb ich mich auch über jeden einzelnen von ihnen auch besonders freue. Tante Google kennt viele mehr oder weniger gute Geschichten dazu, wie man Leser fangen kann. Was man machen muss, was man lassen soll... Darüber grüble ich zwar viel, möchte mich aber lieber nicht austauschen, da bin ich selbst eher Anfänger. Noch. Die Hoffnung stirbt zuletzt und das Sprichwort, mit dem ich mich tröste, lautet: "Ein schlechter Jäger jagt. Ein guter Jäger wartet." 
Ich warte. Geduldig. Auf jeden einzelnen Leser...

Aber worüber ich eigentlich schreiben will, ist die Frage, womit man Leser ködert. Mit einem guten Text, denke ich mal. Mit plastischen Charakteren, mit einem ausgeklügelten Plot, einem interessanten Thema und einer schönen Sprache. Mit allem zusammen, denn der Leser ist ein verwöhntes und sehr heikles Wesen, wie man sieht, wenn man sich auf den einschlägigen Seiten durch die Rezensionen klickt. Warum dann Bücher wie "Shades of Grey" so erfolgreich sind, verstehe ich dann aber nicht, doch das ist egal. 

Während ich also geduldig auf meine Leser warte, lege ich brav Köder aus. Charaktere, Plot, Thema, Sprache. Darüber will ich mal demnächst schreiben. Heute über Charaktere. Oder Protagonisten. Die natürlich auch Charaktere haben. Wäre gut. Sonst sind sie langweilig. 

SchattenNetz - RJürgen (www.piqs.de - some rights reserved)
Meine Charaktere sind sehr eigenwillig und streng mit mir. Alles Typen, alle mit Ecken und Kanten, alle mit festen Vorstellungen, wie ihrer Meinung nach der Plot zu gehen hat. Das ist ärgerlich. Denn mein Plot ist auch so schon sperrig genug. 

Aber wie soll denn jetzt ein guter Charakter aussehen? Wie ein Protagonist nach Geschmack des Lesers?
Ich hab mit einem Ensemble schnell skizzierter, typischer Figuren begonnen. Jeder meiner Protagonisten ist auf den ersten Blick Prototyp.
Ich gehöre wohl zu den Klischee-Junkies.
Das ist nicht verwerflich, muss ich ja jetzt sagen. Aber ich steh auch dazu.
So ein Klischee wird nämlich nicht als Klischee geboren, sondern hat lang und hart an seiner Fanbase gearbeitet, bevor es zu einem geworden ist. Wenn wir heute zum Beispiel auf der Straße einen muskulösen Mann mit kahlem Schädel und Springerstiefeln treffen, dann denken wir doch noch nicht an einen Idealisten, der seinen selbstlosen Einsatz bei Ärzte-ohne-Grenzen nur für seine Chemotherapie unterbrochen hat... All den emsigen Bemühungen der Hooligans und Skinheads sei Dank.
Prototypen sind insoweit quasi die Elite unter den Klischees. Sie haben die andere Seite erreicht und sind stilbildend, nicht nur stilbeschreibend geworden. 

Das ist gut, denn dann kommt der Autor, der den Dialog mit seinen Lesern sucht, mit ein paar Stichworten aus, um einigermaßen zuverlässig seine Protagonisten zu beschreiben. Und ihren Charakter womöglich auch gleich.
Da gibt es den Paladin und die jungfräuliche Schöne, den altgedienten Veteranen, den Weisen oder den drolligen Begleiter des Helden...
Oder auch nicht. Denn es gibt ja gute und schlechte Hexen. Fröhliche und schwermütige Zwerge.

Ganz so leicht ist es also nicht.
Wie sieht es denn bei meinen Figuren aus?
  • Xeroan ist der Gelehrte, gebildet und belesen, etwas weltfremd und vorsichtig. 
  • Lyri ist seine Geliebte, die typische Blondine. Etwas arg naiv aber lieb.
  • Kaska ist sein cooler Freund. Der charmante Schürzenjäger, dem nicht nur alle Mädchenherzen zufliegen, sondern auch die meiner Leser.
  • Madrigal ist seine kluge Freundin, die vernünftige und verlässliche Stütze, wenn es mal eng wird.
  • Rommily ist die typische Klatschbase mit dem Herz auf dem rechten Fleck. Die Figur, die den meisten meiner weiblichen Leser sehr wichtig ist. Jedenfalls wird auffallend viel über sie gesprochen.
  • Ganz anders als Kurd, der undurchsichtig bleibt, weil er in ganz großen Zusammenhängen denkt und dabei schon mal die Details vergisst. 
  • Barrad ist pflichtbewusst und zuverlässig. Aber eben auch langweilig. Der, den man im Freundeskreis nicht missen will, der aber irgendwie nie vorne steht.
  • Punica ist die typische Gauklerin. Einerseits tapfer und mutig, ein bisschen feige und unentschlossen... Aber doch ein Mädchen, das speziell meine männlichen Leser sehr gern haben.
Aber es bleibt ja nicht so, denn die Geschichte wäre ja ziemlich langweilig, wenn nichts passieren würde. In diesem konkreten Fall geht es um eine Zeitenwende und die springt mit ihren Gästen nicht gerade zimperlich um. Bei genauerer Betrachtung ist so ein Heldenleben ziemlich erbärmlich. Man rennt um sein Leben, wir belogen, betrogen, verhauen und gejagt. Ich hab die einen halb verbrannt und die anderen fast ertränkt und was übrig blieb wurde tiefgefroren. Soll ich mich jetzt schämen, oder darf ich das meinen blutrünstigen Lesern vor die Tür kehren, die kein Interesse an "Heile-Welt-Geschichten" haben, weil die nicht spannend sind. Andererseits ist der Unterschied zwischen einem Stück Kohle und einem Diamanten Druck. Druck allein. Das ist eine Chance, für die es sich anzustrengen lohnt. So.

Es ist erstaunlich, wie die wenigen persönlichen Dinge, die ein Protagonist zu Beginn hat, durch die Entwicklung der Handlung so an Bedeutung gewinnen, dass sie den Autor förmlich zwingen, darauf zu achten, wenn die Geschichte glaubwürdig bleiben soll. 
Im Ernst - Ich habe schon lang nicht mehr zu bestimmen, was meine Protas treiben. Das tun sie selbst. Ich kann Ihnen nur die Situationen vorstellen, die es zu meistern gilt. 
Und damit wird aus der Person des Protagonisten die Persönlichkeit. Das ist ein unheimlich spannender Vorgang auch für mich. 
  • Zu sehen, wie Xeroan doch heldenhafte Züge an sich entdeckt und zumindest aus Verantwortung heraus seine Feigheit... äh... "erfahrungsgestützte Vorsicht" überwindet. 
  • Wie Lyri im Schnelldurchlauf erwachsen wird, weil sie muss. 
  • Oder wie sich der Tausendsassa Kaska in einem unvertrauten Biotop in einer völlig fremden Kultur zurechtfindet. 
  • Oder ob und wenn ja wie ein so extrem warmherziger Mensch wie Rommily mit einem wandelnden Eisklotz wie Kurd zusammenarbeiten kann. 
  • Und was ein Kontrollfreak wie Barrad tut, wenn man ihn in blankes Chaos stürzt - Fragen über Fragen. Oder Madrigal, wenn sie plötzlich auf sich allein gestellt ist. 
Die Reise geht weiter. Mit jedem Band. Und immer neue Seiten entdecke ich an meiner Welt und den Figuren in ihr. So wie auch meine Protagonisten, die sich immer weiter verändern, weil sie etwas erleben. Und überleben - oder auch nicht. Und das ist dann die ultimative Veränderung.
Spannung entsteht dann, wenn es fraglich ist, ob und wie eine Figur eine konkrete Situation meistert. Abenteuer müssen daher auch zum Charakter passen. Für Punica kann es eine sehr spannende Herausforderung sein, bestimmte Informationen zu ermitteln. Xeroan würde dagegen das nicht als schwer empfinden. Dafür hat Punica keine Probleme mit Waffen, was Rommily jetzt überfordern würde. Die Spannung aufzubauen, ist dann eher technisch. Das hatte ich schon.

So jedenfalls wird heimlich, still und leise aus einem Fantasy-Abenteuer ein Entwicklungsroman. Und ein Krimi, eine Liebesgeschichte, ein Polit-Thriller... Nur kein Erotikroman. Das kann ich nicht. Das können andere besser. Aber das ist auch nicht so schlimm. Hoffe ich.

Sonntag, 11. August 2013

Sprachschatztauchen....

Ich habe heute bei einem lieben Freund einen seiner Texte lesen dürfen, in die er sehr viel Herzblut gelegt hat. Interessant. 
Weil gerade dadurch, dass ich zwar die Seele des Textes beim Lesen erfühlen konnte, aber zugleich das ungeübte Handwerk erkannte, mir die Bedeutung guter Sprache wieder bewusst wurde. 
Als würde das Herz wie ein großer Komponist die schönste Sinfonie ersinnen und sie dann die Hand wie das ungeübte Dorfschulorchester interpretieren. Es klingt schrecklich schief, aber man erkennt doch noch die dem Stück eigentümliche Magie.
Magie ist ein großes Wort, über das ich mich mit genau jenem Freund dann auch noch gleich ausgetauscht habe. Die Magie der Worte… die Worte zur Magie…  Aber davon das nächste Mal. Versprochen.


Es beginnt schon mit den Worten selbst. Sprache ist lebendig. Deutsch ist scharf und nicht versehentlich die Sprache der Dichter und Denker, denn sie will durchdacht verwendet werden. Wortreich, wortgewandt und mit feinem Gespür für die Möglichkeiten, die sie durch die Positionierung einer Vokabel im grammatischen Gefüge eines Satzes bietet oder durch das wunderbare Kombinieren und Zusammensetzen.
Mir blutet das Herz, wenn ich sehe, wie lieb- und vor allem achtlos man heute mit unserer Muttersprache umgeht. Ich bin kein Sprachpurist, ich kann gut mit englischen, griechischen, lateinischen, arabischen und vielleicht auch mal chinesischen Begriffen in meinem Sprachschatz leben. Wir werden internationaler und warum sollten wir nicht von anderen Sprachen lernen? Es ist wie mit den Gewürzen oder exotischen Zutaten beim Essen. Mag ich auch. Aber es schmerzt, wenn ich mitverfolge, wie zunehmend andere Sprachen von Leuten, die sie oft noch nicht mal wirklich beherrschen, als schöner, moderner, besser eingestuft werden. Nun, die mangelnde Beherrschung sollte kein Hinderungsgrund für diese Einschätzung sein, denn allzu oft, kann derjenige auch die eigene nicht. Oder jedenfalls nicht richtig. Unser Wortschatz verkürzt sich, die Grammatik versandet. Wenn man im Konjunktiv schreibt oder gar Futur II bemüht, gilt man als hochgestochen oder gar veraltet.
Die Uni Leipzig hat mal nachgezählt und überprüft, welche Vokabeln denn die 10.000 heute häufigst gebrauchten Wörter sind (Wortschatz Leipzig). Klar, dass Artikel, Bindeworte und Pronomen da ganz vorn stehen. Dicht gefolgt von den Hilfsverben „sein“ und „haben“. Oder vielleicht auch „soll“ und „haben“, wenn wir schon von Sprachschatz reden?
Wie viele wunderschöne Worte tauchen dagegen gar nicht mehr in der Liste auf, dem Vergessen anheimgestellt, das es selbst gerade noch in die Liste geschafft hat (Platz 9.921).
Meine Ausgabe des „Wahrig“ erfasst seinem Klappentext zufolge ca. 260.000 Stichworte. Das ist ein guter Mittelwert zwischen aktivem und passivem Repertoire. Der passive Wortschatz, also das, was man versteht, wenn man es hört („anheimstellen“ wird z.B. gerade noch verstanden, aber fast nirgends mehr verwendet), beträgt wie ich lese etwa 500.000 Worte. Eher mau schaut es mit dem aktiven Wortschatz aus. Wikipedia berichtet allzeit hilfreich, dass der Durchschnittsdeutsche sich mit etwa 70.000 Wörtern durchs Leben stammelt, wobei man mit deutlich weniger (2.000) bereits in der Lage ist, sich verständlich zu machen, ob da wildes Gestikulieren und Grimassen schneiden mitgezählt werden, weiß ich aber nicht.
Schriftsteller sind aber Sprachprofis – oder sollten es zumindest sein. Das heißt, wenn man sich einer reduzierten Sprache bedient, so sollte dies bewusst geschehen und nicht etwa, weil einem die Worte fehlen. Je größer der aktive Wortschatz des Autors ist, desto plastischer wird er beschreiben können, was ihm am Herzen liegt. Desto präziser wird er die Bilder, die er beim Erzählen vor seinem inneren Auge beschwört, auch seinen Lesern übermitteln können. Das liegt daran, dass letztlich jedes Wort eben doch seine ganz eigene Bedeutung hat. Das Synonym ist ein Trugschluss. Es ist etwas anderes, ob der Protagonist „Nein“ sagt, spricht, knurrt, ruft, brüllt, zischt, seufzt, flüstert, haucht oder lispelt. Sie beschreiben zwar immer eine Äußerung, färben sie aber anders ein und geben ihr dadurch eine Betonung, mit der ein gewitzter, geschickter oder auch nur geübter Autor dem Leser einen wichtigen Hinweis auf die Szene gibt, in der das „Nein“ fällt. Das setzt aber eine geübte Hand im Umgang mit so feingliedrigem Werkzeug voraus, denn wenn man ohne rechtes Gespür für das passende, wenn schon nicht richtige Wort lostippt, so wird die Suche nach Alternativen zum immer gleichen „sagen“ am Ende schnell zur Irrfahrt. Sehr unterhaltsam führt das Simone Keil in ihrer Qindie-Kolumne aus.
Ich rege mich trotzdem auch oft über die einfallslosen oder auch einfältigen, vielleicht auch nur schlampigen Übersetzer auf, bei denen ständig „gewispert“ wird – bevorzugt von Protagonistinnen mit bebender Brust. Wispern ist ein Wort, das natürlich im Deutschen vorkommt. Doch eher selten und in einem anderen Zusammenhang als im Englischen das artverwandte „to whisper“. Tja…
Leser möchten in die Geschichte abtauchen. Das gelingt umso einfacher, je kräftiger die Worte sind, mit denen man ihre Fantasie kitzelt. 
Es ist ein Unterschied, ob eine Burg nun groß ist oder eben etwas anderes.
So sind die großen Burgen meiner Welt entweder 
  • wuchtig wie die Nordfeste Eisenberg, 
  • verwinkelt wie die Mittfeste Athon, 
  • weitläufig wie die Südfeste Kiblis, 
  • hochaufragend wie die Meerfeste Walhal, 
  • geräumig wie die Ostfeste Peritai und 
  • langgestreckt wie die Westfeste Edehlis. 
Das alles sind Worte, die zwar nicht zwingend etwas zur Größe sagen, gleichwohl können sie oftmals viel stärkere Bilder vor dem geistigen Auge des Lesers erzeugen. Und da die Burgen selbst das Stadtbild beherrschen, unterstellt man automatisch eine gewisse Größe. Hoffe ich.


Ganz schlimm ist es auch mit dem Lachen
Lachen ist so schön, so menschlich und so unglaublich charakterisierend. Ich staune immer wieder, wie viel ein Mensch von sich durch sein Lachen verrät. Ich weiß nicht, ob es wirklich typisch und vor allem exklusiv menschlich ist, aber es ist jedenfalls höchst individuell. Und situativ variantenreich obendrein. Doch wird meist eben nur gelacht. Und das, obwohl die deutsche Sprache da hilfreich wie stets den Gebrüdern Grimm zufolge eine schier unüberschaubare Zahl von „Lach“-Synonymen zur Verfügung gestellt hat, damit jeder Protagonist die ihm gebührende Heiterkeits-, Freuden-, Glücks- oder Missfallensbekundung dem Leser unaufdringlich und mit einem Wort präsentieren kann:
Lächeln, schmunzeln, feixen, glucksen, jauchzen, grinsen, grienen, kichern, keckern, wiehern…
Dabei gäbe es darüber hinaus auch noch die wunderbare aber vielleicht schon fortgeschrittene Möglichkeit, das Bedürfnis zu lachen, auch szenisch auszudrücken, durch Worte wie begeistert, erheitert, amüsiert, spöttisch, neckend, zwinkernd, veralbernd mit denen man das, was der Protagonist sagt, schmücken kann. Idealiter, ohne dann in sperrig zu lesenden Adjektivismus zu verfallen. Aber wenn es leicht wär, könnt es jeder.

Getreu des alten Grundsatzes „show, don’t tell“ könnte man natürlich auch hüpfen, klatschen, auf dem Stuhl rutschen, aufspringen, sich umdrehen, die Augen aufreißen oder stürmisch umarmen, was immer einen beglückt.
Soweit so gut. 
Damit beschreibt der Autor, was er aussagen will. Welche Emotion hinter der Erzählung liegt.
Doch wie fühlt sich der Protagonist dabei? Und wie drückt er das aus? Speziell, wenn es seine Perspektive ist, derer sich der Autor bedient.
Ein Arzt wird einen Mann anders beschreiben als ein Händler und der anders als ein Kind. 
Die Redewendungen, die einen Fischer beschreiben, sind andere als die, die man bei einem Jäger oder einem Händler erwartet. Ein noch so guter Spruch zur falschen Zeit wird allenfalls unfreiwillig komisch sein.
Ein Gelehrter drückt sich anders aus als ein Schuster und der wieder anders als ein Fürst – jedenfalls meistens. 
Wenn es dem Autor gelingt, die Sprache seiner Protagonisten authentisch zu machen, haben die es leichter, in den Lesern Freunde zu finden.

Wenn man mich z.B. so hört, wie ich über die Unzulänglichkeiten in den Texten meiner Kollegen lästere, würde ein Jäger wie Barrad sagen, dass das sei, als würde der Rabe die Krähe schwarz schimpfen. 
Wenn dagegen ein Mann von der Küste wie Kurd oder Kaska dasselbe sagen wollten, wäre es bei ihnen die Sardine, die den Hering schuppig heißt.
Das alles setzt einen sehr bewussten Umgang mit Sprache voraus. 
Zu Recht, denn das verlangt man schließlich von einem Arzt mit dem Skalpell ebenso wie vom Mechaniker mit dem Schraubschlüssel.
Das ist wichtig, wenn ein Protagonist nur die Sprache des Autors hat, um lebendig zu werden, um sich plastisch und echt anzufühlen. Um geliebt, gehasst, gewollt und - aus Sicht des Autors jedenfalls - auch gekauft zu werden.

Sprache muss dazu zunächst einmal authentisch sein. 
Wer sich plötzlich, nur um nicht einfach zu klingen, möglichst vieler Vokabeln bemüht, die er nicht verinnerlicht hat, wird eher peinlich anrührend als überzeugend wirken. Es muss passen. So wie man einem Menschen auch ansieht, ob er einmal oder öfter Anzug, Weste und Krawatte trägt. Oder High-Heels für die Damen. Oh ja.

Sprache ist reich an Bildern, vieles gibt wortwörtlich keinen Sinn und einer meiner Protagonisten, ein Lehrling namens Fink, kann damit auch überhaupt nichts anfangen, weil er dazu neigt, all das, was man ihm den ganzen Tag so erzählt, wörtlich zu nehmen. Eine interessante Erfahrung, die auch mich beim Schreiben zu einem völlig neuen Sprachgefühl zwingt. Aussagen wie „kein Wort“ oder auch „kein Sterbenswörtchen sagen“ bekommen vor Finks Ohren eine ebenso andere Bedeutung wie das schnell dahin gesagte „mundtot machen“.

Ich überlege oft, wie ich eine Szene besonders gut beschreiben kann und freue mich wie ein kleines Kind, wenn ich denke, dass es mir gelungen ist. Wenn ich dann positives Feedback bekomme, ist mein Tag gerettet. 
Also, ich freue mich natürlich über jedes Feedback. Über positives offen gestanden mehr, als über Kritik, und über das, das ich mir auch richtig erarbeitet habe eben ganz besonders.

„Schwer zu glauben, dass es immer noch früh am Morgen war. Ihr kam es in diesem Augenblick vor, als hätte sie nicht nur den Tag, sondern noch ein ganzes Leben vor sich.“

„In manch traurig durchwachter Nacht tröstete mich Garmals Gesicht. Nein, wirklich – diese Miene hätte ich am Liebsten aufgehoben und in ein Buch eingelegt, um sie immer wieder zu betrachten. Von seinem Kaiser so verstoßen...

Hilfreich für alle, die sich kritisch mit ihrem Muttersprachschatz auseinandersetzen wollen kann ich nur das  Goethe-Wörterbuch  und das bekanntere Grimm’sche Wörterbuch empfehlen.
Und wem das zu trocken ist, der findet in der Datenbank des Gutenbergprojekts, eine große Auswahl an gemeinfreien Romanen, Novellen, Erzählungen, Gedichten und anderen Texten.
 Oder natürlich auch was vom Helden... unter www.kay-noa.de.

Montag, 5. August 2013

Die Rezeptur eines Textes...

Manchmal würde ich mir ein Schreibrezept wünschen.

Man nehme zwei Helden, die sich leiden können oder auch nicht. Die füreinander bestimmt sind oder auch nicht. Dazu dann eine missgünstige Verwandtschaft oder notfalls auch eine verständnislose.
Ein bisschen Missverständnis, ein bisschen Dummheit, einen dicken Block Action und im Verhältnis zu den Dialogen etwas Theatralik. Humor für die Deko - kleine, knackige Einschübe, die das Gesamtwerk auflockern, ohne die Grundaussage zu verfälschen.

Ich schreibe mit derzeit sechs Handlungssträngen und brauche von allem in Kantineneinheiten. Dabei muss ich sehen, dass der Leser, der wie früher bei uns und heute noch in Asien alle Gänge gleichzeitig auf den Tisch bekommt, dass sowohl der einzelne Handlungsstrang als auch die Gesamtkomposition ausgewogen ist.

Das Schwierige beim Schreiben im Verhältnis zum Kochen ist, dass ich anders als der normale Koch nicht weiß, wer hinter der Küche respektive Schreibstube ausgehungert auf (Lese)Futter wartet. Der eine will Spannung statt pfiffiger Dialoge, der Nächste steht auf lakonisch geschilderte Schlachten, der Dritte erfreut sich lieber an Blümchensex und zarter Romantik.
Ist Fantasy gut, wenn sie ohne Magie und spitze Elfenöhrchen auskommt oder gewinnt sie dadurch gerade ihren Reiz?
Darf man Gesellschaftskritik in einen High Fantasy-Roman packen (oder verschreckt man damit die realitätsfliehenden Leser? Und wie verhält es sich mit Politthrillern, Detektivgeschichten oder Entwicklungsromanen?

Der Koch mag sich beim Entwerfen der Speisekarte fragen, ob er mehr seinem Personal oder mehr seinen Gästen verpflichtet ist, und einen Kompromiss finden.
Bin ich als Autor aber mehr meinen Lesern oder mehr meinen Protagonisten verpflichtet? Letztere können im Gegensatz zum entnervten Sous-Chef nicht einmal kündigen und sind mir auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.... *Muahahaha*
Aber entsteht daraus nun eine Position der Stärke oder nicht vielmehr eine besondere Verantwortung? Und was ist mit dem Plot? Der Geschichte, die sehr eigene Vorstellungen dazu vertritt, wie sie erzählt werden will.

Es ist alles nicht so einfach. Meine Geschichte ist wie eine Pizza.
Der Plot ist ein dünner, aber stabiler Teig, der unaufdringlich, all die unendlich vielen Zutaten aufnimmt und einer ganzen  Welt ein Zuhause bietet. Der dafür sorgt, dass nichts durchweicht und alles transportiert werden kann. Locker, luftig, aus einfachen Zutaten, aber gut durchgeknetet und geduldig gehen gelassen (sagt man das so? Eine peinliche Frage für einen Autorenblog, das kommt davon, wenn man spätnachts schreibt, wenn niemand mehr wach ist, den man fragen könnte...) Handwerklich solide. Und mit ein paar Überraschungen im Grundrezept, die ihn doch zu etwas ganz Besonderm machen. Salz in Form eines die Welt bedrohenden Dämonen - aber eben kein normales, sondern ganz besonderes... Hawaiianisches Lavasalz quasi und noch einem Tropfen... Ha! Das verrate ich nicht einmal Tante Google.

Und dann die Soße, sonnengereifte Tomaten, edle Gewürze... Oder in meinem Fall - eine tragische Liebe, ungesühnte Schuld und ein paar frisch zusammen gepflückte Intrigen aus dem Garten derer, die nach jeder sich bietenden Gelegenheit schnappen. Das könnte klappen.

Als Belag entscheide ich mich für Quattro Stagioni - oder vielmehr seis... Und so kann ich für jeden Handlungsstrang einen Abschnitt eigens belegen.
Doch stets mit Blick auf das Große und Ganze. Kontinuität und Abwechslung. Ein Buch wie ein Kreisel... Nicht weil einem schwindlig wird, sondern weil die Bewegung stabilisierend wirkt.
Aber heute kein Sport, sondern Küche:
Hier ein bisschen was Süßes, ein bisschen was Saures dort und als nächstes was Scharfes. Was Salziges.
Und auch auf die Textur sollte man achten. Zartschmelzendes neben ein paar Knackern, Dinge, die den Gaumen füllen und solche, die erkaut werden wollen. Grundtöne und kleine Aromenfeuerwerke außen herum. Ich arbeite eben als Autor statt mit scharfer Salami mit satten Actionszenen, statt mit salzigen Sardellen mit ein bisschen gruseligem Zauber und statt knackigem Gemüse ein paar frische Dialoge. für Kapern und Oliven eignen sich ein paar spitzfindige Scherze und Anekdoten. Zartschmelzend wie Büffelmozzarella die Schilderungen von Land und Leuten, Die persönlichen Probleme meiner Protagonisten sind die Pilze... so schießen sie jedenfalls aus dem Boden und werden frisch verarbeitet. Ein paar dramatische Parmesanspäne greifen die rätselhafte Grundstimmung der Sauce auf, geschickt akzentuiert durch ein bisschen frischen Knoblauch, dem Inbegriff der Selbsterkenntnis (Ich mag Dich, aber wenn ich Dich esse, mag mich keiner mehr...) und der taktikgenährten Näcstenliebe (Magst Du nicht auch ein Stück, Schatz?!). Wobei ich finde, dass kleine Tomaten auf der Pizza wunderbare Symbole für Liebe und Freundschaft sind. Und Speckwürfelchen für Verrat (jedenfalls aus Sicht des betroffenen Schweins).
Und für mehr oder minder dezidierte Erotik stehen Ananas und Eier. Die haben nämlich beide auf meiner Pizza nichts verloren.
Ich mag beide gern, aber nicht auf der Pizza und was ich im normalen Leben schätze, muss ich nicht auch im Buch verwursten.

In dem Zusammenhang empfehle ich gern andere Bücher wie etwa die Jay Valentine, die das deutlich besser kann.

Was heißt das jetzt aber konkret?
Xeroan - Magarita - schlichte Eleganz, die durch qualitativ hochwertige Zutaten besticht und die statt mit frischem Basilikum mit Selbstironie gewürzt wird.
Kaska - con tutto - eitel an bunten Orten zwischen politischem Schinken, actionreicher Salami und jeder Menge Knoblauch pendelnd.
Lyri - alle verdure - stetig lernend, mit etwas Chiliöl für reichlich Action.
Punica - Regina - viel unter Leuten, zwischen lauter Intrigen, und mit Pepperoni für all die Scharmützel.
Barrad - Tonno - Thunfisch für die Zweifel, Knoblauch für die Disziplin und Zwiebeln, für die Tränen, die mich dieser Plotteil kostet.
Rommily - Gorgonzola - Scharfer Käse, frischer Spinat und Speck. Wer aufgepasst hat, weiß, was ich meine.

Und ich such mir jetzt mal einen Pizzadienst mit 24h-Service.  Bis bald ihr Lieben.