Donnerstag, 31. Dezember 2015

Silvesterpost


Ich schreibe mir jedes Jahr am 31.12. selbst einen Brief an mich in einem Jahr, den ich dann lese, bevor ich mir den nächsten Silvesterbrief schreibe. Seit vielen Jahren ist das ein mir lieb gewonnener Brauch, der für mich das Wichtigste an Silvester ist. 

Es ist eine Gelegenheit, mit dem alten Jahr abzuschließen. Noch einmal in Ruhe nach innen zu hören, was gut, was schlecht, was unnötig und unvermeidlich war. Was man an Erfahrungen und Hoffnungen in das neue Jahr mitnehmen möchte und was man ganz bewusst verabschiedet und im alten Jahr zurücklässt, weil die Reise weitergeht.

2015 war ein Jahr wie eine Achterbahn ohne TÜV-Zulassung und hey - 2016 ein paar PS weniger reichen mir völlig. 

Irgendwie fühlt sich 2015 nicht gut an. Zuviel war in der Welt dort draußen nicht in Ordnung. Es begann mit Charlie Hepdo und endete mit den Attentaten von Paris, mit dem Absturz der Germanwings Maschine und dem Flüchtlingsdrama, das uns seit Sommer beschäftigt. Die Arbeit in der Münnchner Messe hat mein Weltbild unwiderruflich verändert und mich auch. Die Ukraine-Krise oder das Erdbeben in Nepal, die Stürme in Amerika, die Dürre in Afrika, das Hochwasser in England. Die Amokläufe in den USA. TTIP/TISA und der rechtsstaatserschütternde Umgang damit, hat mich beruflich in eine Art Sinnkrise gestürzt. Meinungsfreiheit beinhaltet auch das Recht zur Unvernunft und wenn das der Wunsch der Mehrheit ist, ist auch Unvernunft zu akzeptieren. Die immer krasser um sich greifende Seuche der militanten political correctness macht mir Angst. Die Verlogenheit, die Kälte ... Hilflosigkeit und das Gefühl, dass es keine Sicherheiten mehr gibt. Niemals. Nirgends.

Doch darin liegt auch Freiheit, denn wenn nichts verlässlich ist, hindert nichts, den Augenblick zu leben. Denn Spaß, den man hatte, kann einem keiner mehr nehmen. Und man findet dann vielleicht auch die Kraft, das Richtige zu tun, weil es richtig ist, sich wenigstens so anfühlt, und nicht, weil eine Belohnung lockt, oder irgendwer, der es auch nicht besser weiß, sagt, so müsse es sein.

Planung ist die Ersetzung des Zufalls durch Irrtum.

Erstaunlich, wie sich die Sicht über ein Jahr verändert. Jedes Mal. Was vor einem Jahr ganz wichtig war, wichtig genug, um in dem spontanen Brief einen ganzen Absatz auszumachen, ist heute ganz dumm, halb vergessen gar, weil andere Sachen "vermeintlich" wichtig sind. Das lehrt Demut und Geduld. Und eine gesunde Skepsis gegenüber Vorsätzen.

Es kommt ohnehin ganz anders als man denkt. 

Und das ist auch irgendwie gut, denn es hält das Leben spannend. Ich bin froh und dankbar, dass ich mir dieses kindliche Gefühl bewahrt habe, dass Abenteuer etwas Gutes sind, dass ich mich aufrichtig und aktiv freuen kann, wenn es heißt, dass es zum Abendessen meine Lieblingspasta gibt oder wenn mir Autorenkollegen eine Karte schreiben. Es gibt mir die Kraft, auch gegen alle Widerstände der Angepassten in 3D und Farbe zu träumen und bei Misserfolgen nicht anders als ein Kind, aufzustehen und mir - womöglich laut heulend - den Schmutz von den schrundigen Knien zu wischen, um weiterzumachen. Ein Versuch ist immer noch drin. Oder mit was anderem. Egal. Die Welt ist groß und bunt. Und ich freue mich nicht nur am 31.12. auf den nächsten Tag, sondern spätestens seit meiner Krebserkrankung über jeden neuen Tag und bin gespannt, was er so bringt (auch wenn ich dann gegen Abend öfter mal stinksauer bin!). Ich beginne das neue Jahr mit dem Vorsatz es so gut wie möglich zu machen. Und es liegt an jedem Einzelnen, um jeden Tag, jede Stunde zu kämpfen, damit man sie auf der Plusseite verbuchen kann. Fragt nicht "Why me", brüllt "Try me!"  (auf Deutsch ist das nicht so elegant). Seid neugierig, denn das schafft Offenheit und das ist guten Dingen förderlich.

Wenn es leicht wäre, könnte es jeder. 

Schwierig hat mich noch nie gestört. Manches Mal höre ich deshalb, ich sei größenwahnsinnig, doch das stimmt nicht. "Schwierig" ist ein guter Grund, sich  nicht zu grämen, wenn man scheitert, aber keine Entschuldigung, es nicht zu versuchen. 
Weil meine Pläne alle immer sehr ehrgeizig sind, erreiche ich sie auch längst nicht alle. Doch das macht nichts, ich habe es dann wenigstens versucht. Und öfter als nicht ergibt sich unterwegs etwas genauso Schönes. Da muss man Vertrauen in Gott, das Universum oder sich selbst haben. Ich gehe in den Wald zum Pilzesammeln und freue mich, wenn ich statt der erhofften Steinpilzsuppe späte Herbstkräuter und wunderbare Beeren mit nach Hause nehme. Oder wenn ich bei der Diät zwar nicht abnehme, aber ein paar gute neue Rezepte kennenlerne. Manches Mal höre ich deshalb, ich habe andere ausgenutzt, weil ich meine Ziele geheim gehalten hätte. Das stimmt nicht. Wir haben das Ziel nicht erreicht und ich nehme dann eben statt der Pilze die Beeren, die ich freilich gerne mit allen teile, die mitgekommen sind. Ich will und wollte nie etwas für mich allein. Das ist mir - gelegentlich sehr zu meinem Nachteil - nicht gegeben.

Gleichgültigkeit ist die einfachste Form der Toleranz.

Dieses Jahr habe ich gelernt, dass viele Menschen, die nicht an mich glauben, eigentlich nicht an sich glauben, die meine Lösungen verteufeln, weil sie selbst keine haben und die zwar erwarten, dass ich ihre Meinung zu akzeptieren hätte, aber mir meine nicht zugestehen. Oder auch mit der Gleichwertigkeit verschiedener Meinungen nicht umgehen können. Ich habe nur mich so wie ich bin zu bieten, alles andere wäre verbogen und deshalb nicht belastbar. Wer mich so nicht mag, dem kann ich nicht helfen, auch weil es ihm nicht helfen würde. Was nicht heißen soll, dass ich mich nicht ändern will. Natürlich will ich. Die Welt ändert sich ja auch und das ist ja das Spannende. Aber nicht auf Kommando. Und das verlange ich - fest versprochen - auch von keinem anderen.

Obwohl ich natürlich meine Pläne nicht erreicht habe wie ich es mir gedacht habe, war das Jahr fordernd aber im Privaten mit Abzügen in der B-Note gut.

Ich schließe es mit Erfolg im Beruf und als Autor mit dem begehrten Kindle-Allstar-Titel und sagenhaften vier Veröffentlichungen ab. Ich konnte vier Messen besuchen und hatte ein paar wirklich tolle Buchmomente. Das ist neben einem sehr fordernden Vollzeitjob und einem nicht minder ehrgeizigen Verlagsprojekt im Hintergrund doch beachtlich. Das Verlagsprojekt ist schwer, weil es neu ist und - das muss ich leider sagen - keine andere Branche so derart ablehnend, ja schon panisch auf "neu" reagiert, wie die Buchwelt. Aber da gilt: Ein Versuch geht noch. Wenn auch ein bisschen anders. Mal sehen. Die Leserparty jedenfalls war toll und wir haben uns sehr, sehr über die vielen positiven Rückmeldungen rundum glücklicher Menschen gefreut, deren Lob die Unkenrufe locker übertönten (auch wenn wir uns die Kritik natürlich für Neuauflagen zu Herzen nehmen). Ich bin einigermaßen gesund geblieben und habe dem Krebs erfolgreich ein weiteres Jahr abgetrotzt! Meine Tiere sind brav und munter und auch wenn ich mich von einem dieses Jahr verabschieden musste, gehört auch der Tod zum Leben. Das ist halt so.

2016 wird es mit den Leserpartys weitergehen, der Master Guide und endlich, endlich die Schwerttanz-Saga stehen am Start. Daneben zwei neue Projekte und hoffentlich auch der Agentin zweiter Teil. Mal sehen.

Wir lesen uns

Mittwoch, 30. Dezember 2015

Sandra Floreans Vampirischer Autoren-Blog: Silvester mal anders - Teil 2


Lexa und Dave sind heute zu Besuch bei meiner lieben Kollegin Sandra Florean und erzählen dort, wie man in der Schattenwelt Silvester feiert. Lasst Euch das nicht entgehen. 



Sandra Floreans Vampirischer Autoren-Blog: Silvester mal anders - Teil 2: Die letzten Stunden des Jahres 2015 rücken näher und Silvester steht bevor. Um diese etwas bunter (eben mal anders) zu machen, entführe ich euch in die bunten Welten unserer Bücher ...

Montag, 28. Dezember 2015

5 Dinge .... die 2015 für mich unvergesslich machten

Meine Kollegin Melissa David stellte uns diese Frage und das hat mich erst einmal zum Grübeln gebracht.

Um es vorneweg zu sagen, 2015 war ein Jahr wie eine nicht TÜV geprüfte Achterbahn ohne Sicherheitsbügel. Eher so im Stil von der Bergwerksfahrt von Indiana Jones, wenn ihr wisst, was ich meine. Ich bin ja immer für Tempo und die harte Trial and Error-Tour, aber heuer war ... extrem.

Erstaunlicherweise waren es viele sich wiederholende Themen, die mich mit ihrem Auf und Ab beschäftigt hielten. So wie ein guter Plot ja auch speziell die kleinen Nebenmotive getreulich immer wieder aufgreift und wie silberne Fäden neben den roten durch die Geschichte webt, damit sie funkelt und glitzert. Und auch wenn ich in meinem großen Plot den roten Faden bisweilen vermisse, bunt, funkelnd und glitzernd war 2016. Teilweise so glitzernd wie die Lunte an einem Pulverfass. Man soll es ja nicht beschreien, aber am Abend des 28.12. wage ich zu behaupten, dass es dann ja doch gut gegangen ist.

Was aber waren nun die 5 Dinge, die für mich das Autorenjahr 2015 geprägt haben?
  • Moral - da habe ich harte Lektionen erhalten, von Fremden und von Freunden. Aber ich stehe noch und wenn man die Dellen Kurven nennt, fühlt es sich sogar sexy an.
  • Fantasie und Wirklichkeit - "Gott hat einen harten linken Haken" singt Peter Fox. Das habe ich heuer besonders intensiv ausgetestet und stimme zu.
  • Berufung und Beruf - tja, oder die Bedeutung der Datumsgrenze, an der auch der beste Wille scheitert.
  • Begegnungen - darüber alleine könnte ich fünfzig Blogbeiträge und vier Bücher schreiben, aber die Datumsgrenze gilt immer noch und ich will euch auch nicht langweilen.
  • Zuversicht - es geht immer weiter. Das kann eine Drohung sein. Aber auch ein Versprechen.

Moral

Es begann eigentlich schon zwischen den Tagen mit einem Riesenskandal um E-Book-Piraterie und Grundsatzfragen zum Urheberrecht, die mich in verschiedenster Form das ganze Jahr begleitet haben. Ein paar Autoren waren menschlich zutiefst enttäuscht, dass ihnen persönlich bekannte "Fans", mit denen man sich öfter live getroffen hat, mit denen man Geburtstagskarten und Geschenke ausgetauscht hat, die Bücher auf privaten Tauschbörsen im großen Stil zum illegalen Download angeboten haben. Der Aufschrei, als dies publik wurde, war gigantisch. Die Empörung wandte sich dabei nicht nur gegen die "Piratenbräute", die hier nicht nur einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden angerichtet hatten (der sie dann auch teuer zu stehen kam), sondern auch gegen die "blöd herumheulenden Autoren". Es wurde über Idioten gelästert, die das Prinzip des Internets nicht verstanden hätten, argumentiert, dass man dagegen nichts machen könne, und den immer noch falschen Vergleich bemüht, dass Printbücher ja auch getauscht werden können. Abgesehen davon, dass ein Printbuch dadurch anders als eine E.Book-Datei nicht vervielfältigt wird, und das ganze Volk beständig über das Finanzamt und das Wetter klagt, gegen die man an sich auch nichts machen kann, die aber immerhin legal sind (auch wenn es sich gelegentlich anders anfühlt), ging es im konkreten Fall auch nicht um anonyme Buchabgreifer und Diebe, sondern um gute Bekannte, ja Freunde, die so etwas machen und das schmerzt im Privatbereich einfach mehr.
Schlimm fand ich persönlich den Unwillen, einfach mal Recht und Gesetz so gelten zu lassen, wie sie gedacht sind. Und wenn etwas per Gesetz explizit verboten ist, finde ich es beunruhigend, wenn ich dann diskutieren muss, warum ich möchte, dass das beachtet wird. Das würde ich sogar wollen, wenn ich das Gesetz für falsch hielte. Solange es gilt, gilt es. Schlimm fand ich den durchblitzenden Neid und die Missgunst, wenn naturgemäß gerade erfolgreiche Titel von der E-Book-Mopserei betroffen waren (die sind halt auch auf illegalen Seiten spannender als die Ladenhüter. Es werden in China ja auch die Designermarken kopiert und nicht die Billigmarken von KIK und Aldi).
Bergauf ging es dann durch wunderbare Aktionen wie von den verschiedenen Buchgruppen auf Facebook, deren Adminstratoren ungeachtet ihrer sonstigen Rivalität, da zusammenarbeiteten und Info-Gruppen bildeten und seither rigoros gegen solche Tauschangebote vorgehen und unermüdlich in ihren Gruppen Aufklärungsarbeit leisten. Gerade weil man die Täter nur schwer im anonymen Netz fassen kann, muss E-Book-Mopserei einfach so "uncool" und "arschig" sein wie z.B. Froschschenkel odr Gänsestopfleber zu essen oder Pelz zu tragen. Speziell die Initial-Aktion von "MyIndieBooks"  von Denise hat hier Zeichen gesetzt. Das war toll. Solidarität fühlt sich einfach gut an.
Ich habe mich daran gewöhnt. Profis sind beauftragt, die einschlägigen Datenbanken regelmäßig von meinen Titeln zu befreien und die Täter zu bestrafen, ich versuche, nicht nachzurechnen, wie groß der wirtschaftliche Schaden ist (und nein, mich tröstet nicht, dass die Piraten eh nicht kaufen würden, weil das eben nur zum Teil stimmt). Ich stelle fest, wie nach jeder Reinigungsaktion die Verkäufe signifikant ansteigen, was zeigt, dass eben doch "zur Not" auch der Wahnsinnspreis von € 2,99 bis € 3,99 für ein Buch ausgegeben wird. Dass "Agentin 006y" bereits in den Top10 der größten Piratenportale war, bevor Amazon auch nur ein Ranking festgestellt hatte, wäre ja schon fast wieder lustig, wenn es nicht so traurig wäre.
Wirklich betrübt haben mich Anfragen auf Piratenseiten, wann mein "Herausgelesen" etwa denn "endlich auch hier zu  haben" sei. Zu dem Zeitpunkt war das Buch für € 0,99 legal bei Amazon zu kaufen! Umgekehrt rührt es mich, wenn ehrliche Leser mich anmailen und fragen, ob ich am Print oder am E-Book mehr verdiene, weil sie mich beim Schreiben meiner Geschichten unterstützen möchten. Oder wenn sie mir sagen, dass sie das Buch erst im nächsten Monat kaufen können, weil sie in diesem kein Geld mehr haben. Das zeigt, dass es auch ehrliche Menschen gibt und das ist dann toll.

Geschmack, Fantasie und Wirklichkeit

Mich hat das als Autorin heuer hart getroffen, als unmittelbar vor der Veröffentlichung des Vampire Expert Guides die schrecklichen Ereignisse um Charlie Hebdo meine Autorenfantasie auf geradezu groteske Weise spiegelten und real machten. Mich hat geschockt, wie das, was ich mir am Laptop so "nett" ausdenke, in der Wirklichkeit dann wirkt. Und mich hat geschockt, wie krank meine Fantasie offenbar ist. Auf alle Fälle habe ich den Sturm der Werwolfzentrale mit der Entführung der Oberwerwölfin umgeschrieben und dafür die Veröffentlichung verschoben.
(Was muss das muss)

Dafür hätte ich mir nicht träumen lassen, dass alle Vampire Guides die Top 100 der Amazon-Verkaufcharts erreicht haben. Dass sie alle im umkämpften Vampirgenre den Spitzenplatz belegen durften und auch mein Genrewechsel mit der Agentin 006y so gut gelungen ist, dass ich immerhin Aufsteiger des Tages war. Das sind Erfolge, die anspornen und zum Weitermachen motivieren. Das ist das ehrlichste Feedback meiner Leser und mehr als ich je zu träumen gewagt hätte. Die Wirklichkeit überholt manchmal rechts.


Doch das kann auch schief gehen. Etwa mit der Flüchtlingswelle, die im Sommer München erreicht hat. Mein Vampire Master Guide machte mir da plötzlich gar keine Freude mehr, denn er beschäftigt sich sehr mit Rassismus - oder eher Speziezismus, den Vorurteilen die Vampire von Werwölfen, Werwölfe von Elfen und Elfen von allen anderen haben ... Das mag jetzt albern klingen, aber ich will nicht nur sich liebende Vampire, glitzernde Werwölfe oder schmachtende Elfen. Das ist Zubehör. Ich möchte hinter meinen Geschichten Wahrheiten erzählen. Fragen stellen und vielleicht - wenn es gut läuft - auch beantworten. Aber nachdem ich selbst tagelang auf der Messe ausgeholfen und überhaupt erst einmal geholfen habe, das Helfen zu organisieren, waren meine Wahrheiten überholt, passten meine Fragen nicht mehr und Antworten hatte ich schon gar nicht. Wieder war mir das Schreiben verleidet worden. Deshalb sitze ich auch immer noch am Vampire Master Guide, den ich aber im Januar fertigstellen will und werde. Mehr als ein Jahr darf ich euch nicht warten lassen.

Beruf und Berufung

Eines hat mir 2015 gezeigt: Ich möchte Autor sein
Das ist so eine fixe Idee von mir, die mich seit Jahren verfolgt und zu der ich auch schon genug gesagt habe (Die Geschichten müssen raus). 
Doch dazu genügt es nicht, Bücher auf den Markt zu schmeißen (oder über Verlage schmeißen zu lassen). Für mich hat das mit Professionalität und Hauptberuf zu tun. Muss es nicht, ich weiß, aber tief in mir drin, besteht etwas darauf, dass Autoren ohne das despektierliche "Hobby" davor, eben davon leben können sollten. 
Dass ich nach dieser Definition noch kein Autor bin, liegt nicht nur an den oben beklagten Verlusten durch E-Book-Piraterie, an der Verfressenheit meiner Haustiere oder meinem allgemein zu luxuriösem Lebenswandel. Meine Bücher verkaufen sich inzwischen ganz ordentlich. Ich bin keine Top-Autorin, aber das kann noch werden. Michael Ende sagte mal "Literarischer Erfolg sei eine Frage des Portos", das ist nicht mehr ganz zeitgemäß, aber trotzdem richtig. Ein oft benutztes und vielen Autoren zugeschriebenes Zitat, das ich historisch frühest datiert in einem Brief von Tieck an Brentano (oder war es umgekehrt) gelesen habe, besagt, die meisten Autoren scheitern an ihrer Ungeduld. Das glaube ich inzwischen nach vielen, vielen geweinten Frustränen gerne, aber ich beherzige die darin verborgene Botschaft. Ihr werdet mich nicht los!
Deshalb versuche ich, um Autor zu sein, auch den Buchmarkt, der mich ernährt zu verstehen, und ggf. auch zu gestalten, damit er mich auch künftig ernähren kann. Das ist sehr schwierig, denn der Buchmarkt ist in Bewegung. Horizontal, weil viele neue Formate - Hörbücher, Ebooks, Multimediabooks - auf den Markt drängen und damit auch vertikal das traditionelle und seit Gutenberg gefestigte Gefüge von Autor - Agent - Verlag - Distributor - Buchhandel aufbricht. Gerade, weil der Großteil meiner Kollegen sich noch stolz auf die Brust klopft, wenn er ja "nur schreiben" will, ist das eine sehr schwierige Lage, bei der am Ende zuerst der Autor verlieren wird. Egal, ob man Verlagsautor oder Selfpublisher ist, man muss verstehen, womit man letztlich sein Geld verdient. Ich finde das sehr, sehr spannend und werde diesen Weg weiterverfolgen. Auch wenn ich mir da gelegentlich speziell in Autorenkreisen so vorkomme, wie weiland die Charles Lindbergh, als er gerade die Spirit of St. Louis betankte. Wir werden sehen.
Der "Weihnachtsmuffel zum Verlieben" ist eine kleine Geschichte, mit der ich meinen zwei Stimmen in mir zum Thema Weihnachten einen Rahmen bieten wollte, das einmal sauber auszudiskutieren. Es war ein Schnellschuss. In drei Tagen geschrieben, in drei Stunden das Cover gebaut und drei Tage später nach dem Korrektorat veröffentlicht - ganz ohne Werbung, ohne Vorankündigungen, Gewinnspiele und Pompoms ... rannte geradewegs in die Charts. Und das gegen die Megakonkurrenz von Millionen Aktionen im Advent und Veröffentlichungen von Top-Autoren. Ich bin nicht nur sehr erstaunt, sondern auch sehr ermutigt. Das war mein Jahreshighlight.

Begegnungen

Ich bin - obwohl ich keinen Tag Urlaub machen konnte - 2015 viel herumgekommen und habe unendlich viele faszinierende Menschen treffen dürfen. Das hat mir sehr viel gegeben und ich hoffe, dass ich diese Eindrücke irgendwie auch in meinen Geschichten verarbeiten kann, die ja von den Figuren leben, die sie tragen. Damit meine ich nicht nur die faszinierenden, ermutigenden und niederschmetternden Geschichten, die mir Flüchtlinge in der Messehalle oder am Hauptbahnhof in München erzählten. Die Angst, als ich hörte, das Lokal von Bekannten sei im Zentrum des schrecklichn Attentats von Paris, die mir zum ersten Mal das Gefühl gegeben habe, dass man sich nicht nur aktiv in Gefahr begeben kann (mach ich oft aus verschiedensten Gründen), sondern dass man Sicherheit auch ganz schnell und einfach verlieren kann. Man geht auf ein Fußballspiel, es kracht und schwupps - ist man Flüchtling in einer Stadt im Ausnahmezustand. Das hat mich verändert, und auch meine Geschichten.
Das klingt so düster, doch das ist es nicht. Das ist das Leben in all seinen Facetten und so war es schon immer. Nur jetzt ist es mir bewusst. Das ist gut. Das sind neue Farben, auch wenn sie eher gedeckt sind. Bunt ist meine Lieblingsfarbe.
Heuer zur Leipziger Buchmesse konnten wir zusammen mit ein paar befreundeten Autoren mit einem kleinen Kunstgriff auf bezahlbare Weise unseren Lesern eine Anlaufstelle bieten, die - obwohl sie in der hintersten Halle fernab von all den coolen Ständen lag - begeistert angenommen wurde. Und das nicht nur der Sitzplätze wegen. Es ist ein tolles Gefühl, wenn man Menschen, denen man fast jeden Tag virtuell begegnet, denen man bei Sorgen und Nöten beisteht, bei denen man auch selbst jammert, mal gleich ein paar Tage live und in echt zum Anfassen erleben darf. Es ist lustig, weil sie genauso sind, wie man sie sich vorstellt und doch ganz anders. Ich möchte das nicht missen. Und auch wenn ich von einigen Kollegen, von denen ich
eine hohe Meinung hatte und eigentlich immer noch habe, sehr verletzt wurde (Bodensatz der Gefühle), freue ich mich, dass ich so viele wirklich nette Kollegen habe, mit denen ich mich über meine und auch über ihre Erfolge freuen kann.
Ich hoffe sehr, dass speziell diese Messeaktionen sich auch im neuen Jahr wiederholen lassen, weil ich sie für eine für alle Seiten gute Sache halte.
Ausnahmslos wunderbar waren die Begegnungen mit Lesern. Ob das auf der Blogtour zu den Vampire Guides oder in meiner heißgeliebten Kuschelleserunde war - das Feedback der Leser ist für den Autoren, das, was der Applaus auf der Bühne für einen Schauspieler ist. Das ist unbezahlbar und das kann man gar nicht oft genug sagen (Loblied an den Leser!).
Da waren Leser, die auf der Bucon auf mich zustürmten und Autogramme wollten oder extra auf die RPC gegangen sind, um mich zu treffen (das fühlt sich soooooo seltsam an, ich schwanke da zwischen Verlegenheit und Stolz). Da war die Frankfurter Buchmesse, wo ich an Verlagsständen von Buchmenschen - Agenten wie Verlegern - plötzlich geschäftsmäßig auf Augenhöhe begrüßt wurde, die mich noch im Vorjahr mit dem Hinterteil nicht angesehen haben ... und natürlich die Leserparty, die erste ihrer Art, die - obwohl man gewiss noch verbessern kann - doch die Teilnehmer überwiegend glücklich gemacht hat und insofern ein großer Erfolg war. So sagt es jedenfalls Facebook und das Internet und die müssen es ja wissen.
Es ist schön, wenn man Menschen trifft, die man - obwohl man sie nie gesehen hat, auf eine sehr intime Weise von Seele zu Seele durch die Geschichten erreicht hat, die man erzählt. Denn manchmal, manchmal nur, aber auch nicht so wahnsinnig selten, spürt man beim Lesen das Herz des Autors schlagen, fühlt sein Anliegen mehr als dass man es rational zur Kenntnis nimmt, und kommt ihm damit nahe. Das ist das Wunder des Lesens, denn es funktioniert frei von den Schranken, die uns Zeit und Raum auferlegen. Und das macht mich demütig und glücklich, dass ich an diesem Wunder mitwirken darf.  

Zuversicht

Nein, 2015 war ein Jahr, das sich in der Rückschau wie drei anfühlt, und dabei habe ich jetzt nur über das Autorenjahr gesprochen. Es war fordernd, aber nicht nur schlecht. Gar nicht, denn aus allem Schlechten ist immer auch was gutes geworden. Es stimmt schon, was Mutter Natur lehrt: Auf dem größten Scheiß, wachsen die besten Pflanzen. 2015 wurde genug gedüngt. 2016 holen wir uns dann die Blumen in aller ihrer Pracht!

Das wird schrecklich ... sagt der Kopf, denn wer viel vorhat, kann auch oft scheitern, und der Bauch grummelt dazu vorsorglich (ein wunderbares Wort: Vor-Sorg-lich), aber wenn ich dann an ihnen vorbei nach innen höre , dann höre ich mein Herz schlagen. Das wird schrecklich ... schrecklich schön.

Es ist eben immer eine Frage der Perspektive.



Andere Perspektiven haben hier natürlich meine Autorenfreunde.
Melissa David, die hier ihr Debütjahr Revue passieren lässt.


Sonntag, 27. Dezember 2015

Online ausleihen? Der neue Weg zum Buch ...


Tja, was soll ich dazu sagen?
Ich bin sprachlos und das kommt nicht häufig vor. Zuallererst einmal vielen Dank an meine fleißigen Leser, denen ich diesen ganz und gar wundervollen Anblick verdanke.

Es ist sehr spannend, wie die Ausleihen meiner Bücher saisonal schwanken. Spannender noch, dass es mit einem Buch - hier der Agentin - begonnen hat und dann auch die anderen Kay-Noa-Bücher erfasst hat. Offenbar sind Buchleiher andere Menschen als die Buchkäufer. Ich persönlich bin ein Buchsammler, das heißt, ich will die Geschichte besitzen. Deshalb kaufe ich die Bücher und lade auch die E-Books nicht nur in meine persönliche Cloud, sondern auf einen Datenträger. Und wenn mir das Buch sehr gut gefallen hat, dann will ich es in Print zum Anfassen und darüber streicheln, zum ins Regal stellen und um mich haben. Es ist ein bisschen das Bedürfnis, aus Geschichten eine Mauer zu bauen, die mich vor dem oft nur mäßig freundlichem Alltag schützt.


Der Erfolg meiner Bücher in der Onleihe von Amazon hat mich jedenfalls dazu veranlasst, dieser neuen Form der Buchbeschaffung einmal etwas Aufmerksamkeit zu widmen.

Amazon

Nicht nur, weil ich über KDP, dem Publishing-Portal von Amazon, meine Bücher vertreibe, ist unser freundlicher Online-Buchriese überall zuerst gelistet. 

Die  Kindle-Leihbücherei funktioniert über Amazon Prime und Kindle Unlimited. 

Die Titel bei beiden Angeboten sind ziemlich umfangreich (ca. 50.000 deutsche Titel und ein Vielfaches auf Englisch). Es handelt sich zumindest beim deutschen Angebot überwiegend um selbstverlegte bzw. Indie-Titel. Verlage nehmen dieses Angebot nur zögerlich in Anspruch. 

Da die Angebote für Prime-Mitglieder und Kindle Unlimited relativ identisch sind, sollte man die Entscheidung, über welches System man sich Leihbücher holt, anhand anderer Kriterien entscheiden. Auf den Shopseiten sieht man durch die Zusätze "Prime" und "Kindle Unlimited", ob die Bücher über diese Systeme erhältlich sind.

Steht bei einem Kindle eBook Whispersync for Voice: Bereit kann man zwischen Lesen und Hören wechseln, ohne die letzte Stelle zu verlieren. Ich habe das selbst noch nicht getestet, finde die Idee aber sehr, sehr spannend.

Skoobe

Skoobe ermöglicht das unbegrenzte Ausleihen von über 130.000 E-Books (etwa die Hälfte ist deutsch). Die Auswahl enthält erstaunlich viele Bestseller aus den Verlagslisten und aktuelle Titel. Nachteil hier ist, dass es mit Readern (außer dem Kindle Fire) nicht funktioniert, sondern man Tablets, Smartphones mit Apps für Apple-Geräte oder Android oder dem Kindle Fire braucht.

Onleihe 

Onleihe verbindet das digitale Medienangebot von Büchereien (E-Books, Hörbücher, Videos und Musik) und erlaubt einen übergeordneten kostenlosen Zugriff für alle, die einen Büchereiausweis von einer der Bibliotheken, die bei Onleihe teilnehmen, besitzen und andere Geräte als Kindle zum Lesen einsetzen (Kindle ist für Onleihe leider nicht kompatibel)

Für Smartphones und Tablets gibt es Apps im Apple App Store  und bei  Google Play

Ein Wermutstropfen ist, dass die meisten Büchereien nur eine bestimmte Anzahl an Lizenzen für E-Books gekauft haben, und deshalb speziell die beliebten Titel genauso schwer zu bekommen sind, wie bei Print. Immerhin gibt es "Wartelisten" und man wird per E-Mail benachrichtigt, wenn man dran ist.

Eine gute Gesamtübersicht gibt es hier bei "Elektronische Bücher"


Scripd

Da ich sehr viel auf englisch lese, hat mich auch Scripd aus San Francisco angesprochen, den ich sehr umfangreich ud vor allem übersichtlich finde. Das schaue ich mir auf alle Fälle genauer an.

Was habt Ihr so Erfahrungen mit Online ausgeliehenen Büchern gemacht?

Montag, 14. Dezember 2015

Plot Ploppen … (I)





Zeppelin - Gebeine (www.piqs.de)
“Das kennt man schon”, höre ich von einem Verleger, mit dem ich mich über eine Buchidee unterhalte. Ich variiere flexibel und ernte wieder Kopfschütteln. „Das überfordert den Leser.“

Ah ja, denke ich mir und lehne mich seufzend zurück. Wieder einmal muss ich Geduld mit dem Buchmarkt haben. Oder er mit mir. Wir sollen auf innovative Weise konservativ sein. Oder traditionsbewusst erfinderisch. Wer weiß das schon? Ist es nicht traditionell genug, dass wir am Ende des Tages alle mit denselben 26 Buchstaben arbeiten?

Betrachtet man die Struktur einer Geschichte genauer, so kann man den Vergleich zum menschlichen Körper ziehen. Das Skelett ist im Großen und Ganzen immer gleich, wenn man Fleisch, Sehen, Gefäße, Organe, Haut und Haar entfernt. Bei einer Geschichte ist das der Plot.

Und tatsächlich gibt es nur eine sehr überschaubare Zahl von Plots. Wie viele ist in der Literaturwissenschaft umstritten, aber Einigkeit besteht darin, dass sie äußerst überschaubar ist. Irgendwie traurig. Bis man an die Knochen denkt und daran, wie unterschiedlich das Endprodukt dann doch ist, wenn man nur die richtigen Dinge draufpackt.
Aber zurück zum Plot. 

Wie viele Plot-Typen gibt es? 

1 Plot?

William Foster-Harris behauptet gar, es gäbe nur einen einzigen Plot. Es geht immer um einen Konflikt und seine Auflösung, der strukturell vorgestellt, gesteigert, eskaliert und aufgelöst werden will.

2 Plots?

Das greift dann aber selbst Foster-Harris zu knapp und so spaltet er den Ur-Plot in 3 Plot-Typen auf, je nach Art der Auflösung:
1.     Happy End (Der Held erreicht sein Ziel aus eigener Kraft)
2.     Tragisches Ende (Der Held versagt und verfehlt sein Ziel)
3.     Fremdbestimmtes Ende (Der Held erweist sich als Spielball höherer Mächte)

7 Plots?

Größerer Beliebtheit erfreut sich die These, wonach es 7 Plot-Typen gibt, wobei Uneinigkeit darin besteht, wie diese 7 Grundformen zu beschreiben sind.

Ein Modell stellt auf den jeweiligen Antigonisten ab.
1.     Held gegen Natur
2.     Held gegen Mensch
3.     Held gegen Umwelt
4.     Held gegen Maschine
5.     Held gegen Übersinnliches
6.     Held gegen Gott/Glaube/Werte
7.     Held gegen sich selbst

Oder aber über eine Differenzierung der Geschichte wie sie Christopher Booker beschreibt, die mir persönlich sehr plausibel erscheint:

1.     Das Monster überwinden     
Der Held muss eine feindliche (oft böse gesinnte) Übermacht überwinden, um sich, seine Lieben oder seine Heimat zu retten. Klassische Beispiele hierfür wären James Bond oder auch Star Wars.

2.      Aufstieg       
Der arme Held findet Macht, Reichtum oder Liebe, verspielt dies womöglich und gewinnt es zurück, weil er als Person reift. Beispiele hierfür sind Aschenputtel, Aladin und die Wunderlampe oder auch David Copperfield.

3.     Heldenreise
Der Held und seine Gefährten begeben sich auf die Suche nach einem Schatz oder reisen zu einem fernen Ort, während sie unterwegs Gefahren und Aufgaben zu meistern haben. Klassische Beispiele hierfür sind die Ilias, Herr der Ringe oder auch Harry Potter.

4.     Hin und zurück         
Der Held unternimmt eine abenteuerliche Reise, kommt am Ende aber mit nichts als seiner Erfahrung zurück. So gelesen bei Odysseus oder Alice im Wunderland, Vom Winde verweht oder dem Kleinen Hobbit.

5.     Komödie
Ein liebenswerter Held, kämpft sich durch diverse Widrigkeiten und findet zu einem Happy-End. Schöne Beispiele hierfür wären ein Mittsommernachtstraum, Bridget Jones oder Simplicissimus.

6.     Tragödie
Der Held hat einen Makel, den er letztlich nicht überwinden kann und der letztlich unausweichlich sein Schicksal besiegelt. Das liest sich dann wie Macbeth, das Bildnis des Dorian Grey, Effie Briest oder Anna Karenina.

7.     Wiedergeburt
Ein Schlüsselerlebnis verändert den Helden im Verlauf der Handlung, meist wird er dabei geläutert und zu einer besseren Person gemacht. So zum Beispiel bei der Schönen und das Biest, Faust oder auch ganz bildhaft, dem Froschkönig.

20 Plots?

Ronald B. Tobias hat schließlich diese Übersicht auf 20 Plot-Typen erweitert, die sich durch das spannungsbildende Grundelement unterscheiden.
  1. Der Held erhält einen Auftrag, den er erfüllen muss
  2. Der Held begibt sich mit seinen Gefährten auf ein Abenteuer
  3. Der Held ist einer Verfolgung ausgesetzt
  4. Der Held zieht zur Rettung eines anderen aus
  5. Der Held ist auf der Flucht
  6. Der Held sucht nach Rache
  7. Der Held versucht ein Geheimnis zu lüften
  8. Der Held steht in Rivalität zum Antigonisten
  9. Vom Helden wird ein großes Opfer verlangt.
  10. Der Held gerät in eine Versuchung, der er widerstehen muss.
  11. Der Held wird einer Verwandlung (innerlich) unterworfen.
  12. Der Held erlebt eine Veränderung seines Umfeldes und muss sich anpassen.
  13. Der Held erlebt das Erwachsenwerden
  14. Der Held erfährt Liebe
  15. Der Held verstrickt sich in eine verbotene Liebe
  16. Der Held verliert etwas und muss den Verlust verkraften
  17. Der Held wird selbst zum Opfer einer Intrige oder schicksalhaften Macht
  18. Der Held macht eine Entdeckung
  19. Der Held muss den Sturz ins Elend verkraften
  20. Der Held erlebt einen Aufstieg
36 Plots und mehr?
Darüber berichte ich im nächsten Teil dieser Betrachtung und auch , was man aus dieser Erkenntnis ableiten kann, als Autor und als Leser. 

Sonntag, 13. Dezember 2015

Das ungewöhnlichste Interview des Jahres


Inzwischen bekomme ich ja öfter Interviewanfragen von Bloggern, Tubern, Vloggern und anderen Neugierigen und ich gebe zu, die Fragen wiederholen sich so oft, dass man unweigerlich beginnt, "Standardantworten" zu entwickeln. Klar, wenn man immer wieder gefragt wird, wie man zum Schreiben gekommen ist, ändert sich die Antwort nicht und eine einmal für gut befundene witzige Formulierung bleibt es dann eben.

Lina Lilas spannende Interviewreihe:  10 Fragen - 5 Autoren - 1 Wort


Lina Lila, die mit ihren Büchertraumwelten einen meiner absoluten, mit spürbar viel Herzblut und Kreativitität betriebenen  Lieblingsblogs besitzt, hat sich da etwas etwas anderes einfallen lassen und hey - plötzlich sind selbst Standardfragen gar nicht mehr so leicht zu beantworten. Seht selbst, wie ich da herumgewürgt habe - mit nur einem einzigen singulären Wort zu antworten, ist echt sakrisch schwer.

Und nicht nur ich, sondern eben auch viele andere tolle Autoren wie Sandra Florean, Jana Oltersdorf, Katja Piel, Elke Aybar, Jordis Lank, Violet Truelove, Susanne Esch, deren Bücher ich gerne lese oder die zumindest auf meinem SUB darauf warten, dass ich die von mir dringend benötigte Zeitblase finde, die mir mal mindestens 5h/d an Zusatzzeit verschafft.
Und viele weitere Autoren.

Samstag, 12. Dezember 2015

Dieses eine Ding ... ohne das eine Autorin nicht arbeiten kann



Mein erster Gedanke, als meine liebe Kollegin Elke Aybar mir den neuesten Auftrag unserer Blogparade mitgeteilt hat, war:

Mein Laptop.

Gut, dafür bekommt man jetzt keinen Kreativitätspreis und darum haben sich meine deutlich kreativeren Kollegen mit diesem Ding gar nicht weiter befasst. Da ich bekanntlich nicht nur im Fußball ein Herz für die Underdogs habe, denke ich, dass in so einer Sammlung das Selbstverständliche doch nicht fehlen darf.

Vielleicht aber, bin ich auch nur noch abhängiger von diesem Ding. Da maße ich mir kein Urteil an.

Manchmal allerdings glaube ich, dass ich ohne dieses Gerät überhaupt nichts mehr tauge. Mein Mann spottet, ich sei mit dem Laptop förmlich verwachsen, was - wie ich nach einem kleinem Feldversuch nun sicher weiß - nicht stimmt. Ich kann mich sogar mehrere Meter von meinem Läppi entfernen, ohne dass es zu körperlichen oder seelischen Schmerzen kommt (Wenn man mal von einem verräterischen kleinen Aufatmen absieht, als ich die Tastatur wieder vor mir hatte).

Recherche

Ich benutze das Gerät zur Recherche im Internet. Zuletzt etwa über Weihnachtsbräuche, die Geschichte des Christbaums, Wintergottheiten und noch ein paar abgefahrene Fragen, die ich nicht verraten kann, ohne zu viel über den Vampire Master Guide auszuplaudern. Zur Klarstellung: Liebe Webspione und Cyber-Geheimdienste: Ich bin Autorin und recherchiere nur zu literarischen Zwecken. Ich plane weder Massenmorde noch Terrorakte und Banküberfälle!

Marketing

Marketing - also Promoaktionen auf Facebook, Google +, Twitter oder Pinterest (sobald mir mal eine gnädige Seele erklärt, wie das geht) gehen ja nur online. Und im Prinzip läuft auch die Live-Promo online ab, sowohl die Planung im Vorfeld, als auch die Nachbereitung, wie etwa Fotos posten und sich mit Freunden über das Erlebte austauschen. Oder auch dieser Blog hier, der von hoffentlich vielen Menschen gelesen wird: Virtuell mit den Kolleginnen verabredet, virtuell geschrieben, virtuell veröffentlicht und gelesen. Ohne Laptop ging da gar nichts.

Faulenzen oder vornehmer: Prokrastrinieren

Autoren sind notorische Faulenzer, lungern auf Facebook herum, tummeln sich in Autorengruppen, posten neben dem unvermeidlichen Cat-Content hübsche Bildchen - je nach persönlicher Leidenschaft und beschriebenem Genre - von sexy Männern, melancholischen Landschaften, Laserschwertern oder der Tardis. Manche - so wie ich - auch von allem. Auch Online-Spiele werden Facebook zufolge von Autoren überproportional häufig in Anspruch genommen. Ich habe mich da lang geschämt, weil ich so ineffizient und undiszipliniert bin. Inzwischen sehe ich das entspannter. Kreativität ist die Voraussetzung zum Ersinnen einer Geschichte, und die lässt sich nun mal nicht zwingen. Manchmal würge ich buchstäblich über Stunden an einem dürren Absatz, um dann plötzlich, als würde ein Knoten platzen, sieben Seiten in weniger als einer Stunde runterschreibe. Manchmal denke ich, das Faulenzen ist so eine Art kreativer Gärprozess, wo im Hintergrund unbewusst, unterbewusst, nebenbei die wirren Plotfetzen und Szenenideen zu so etwas wie einer Geschichte verschmolzen werden, während man sich vordergründig über Nebensächlichkeiten austauscht, Highscores nachjagt oder Plätzchenrezepte austauscht.

Ich hatte mir auch schon überlegt, ob ich Fantasie und Kreativität als das eine Ding vorstelle, aber auch wenn das vielleicht arg kleinteilig gedacht ist: Beides sind keine Dinge, sondern Urgewalten und als solche möchte ich ihnen auch einen gesonderten Beitrag widmen. Irgendwann ... wenn ich mal wieder faulenzen will ohne mich faul zu fühlen (der Hauptgrund vieler meiner Blogbeiträge). :)

Schreiben

Und dann, wenn die Geschichten "reif" sind, brauche ich mein "Zauberkasterl" natürlich zum Schreiben selbst. Ich schreibe inzwischen eigentlich alles, entweder auf dem Laptop (!) oder zur Not auf Pads und Handys. Obwohl ich früher gern und wie ich finde, schön geschrieben habe, wird das inzwischen immer krakeliger. Alles, was über einen Einkaufszettel hinausgeht, wird getippt. Degeneration am lebenden Exempel.
Außer die Buchwidmungen neuerdings. Was echt eine Herausforderung ist. Nicht nur, weil ich mich immer noch so seltsam fühle, wenn mich Menschen um eine Widmung bitten, als wäre ich ein Promi oder so.
Sondern auch, weil ich dann ganz was Besonderes schreiben möchte, was Persönliches. Und natürlich was leserliches. Und spätestens da wird es schwierig. Ich muss mich echt bemühen, da nicht ins Schmieren und Krakeln zu kommen. Meine Zeilen wollen in den Himmel (Graphologen sagen, das sei ein Zeichen eines optimistischen Geistes), und generell habe ich eine rebellische Tendenz hin zum Rand, weg von der Mitte.


Oder ...?

Wenn ich mir es recht überlege, ist eigentlich ein schöner Stift noch viel wichtiger als der Computer. Den brauche ich zum Signieren der Bücher, auf dem kann ich beim Nachdenken herumkauen (und hey - ich denke viel über alles Mögliche und mindestens ebenso oft über Unmögliches nach), mit dem kann ich Schwertkampfszenen in Miniatur nachstellen oder ihn als Dummy-Zauberstab verwenden, und wenn mal der Strom ausfällt, dann kann ich mit ihm auch meine Texte schreiben. Wow.
Und wer mag, lässt sich meine Bücher von mir signieren.
Das ist eine gute Übung und macht allen Freude.


Und jetzt bin ich gespannt, was dieses eine Ding meiner Kollegen ist....

Elke Aybar, die zugleich einen spannenden Überblick gibt, was andere literarische Größen so als #daseineDing benötigt haben, bevor sie selbst auf einen ganz bescheidenen Wunsch zu sprechen kommt.

Hope Cavendish, deren Gedanken ganz wunderbar zu Elkes passen. Ich würde ja fast vorschlagen, dass die beiden - räumliche Nähe vorausgesetzt - ein wirklich phänomenales Schreibteam wären.

Bettina Lippenberger, die von Hope eingeladen wurde, und die Ideen von Elke und Hope aufgreift und ergänzt.

Kari Lessir, die sich dem Thema von einer sehr interessanten, mir nie in den Sinn gekommenen, philosophischen Seite nähert, um es dann künstlerisch zu beantworten.

Melissa David, die zwar meiner Meinung ist, irgendwie aber doch nicht. Ich habe übrigens immer noch kein Schreibprogramm und manage mehrere Serien und Einzelbücher sowie einen stetig wuchernden Stapel ungeschriebener Manuskripte in allen Stadien der Vorphase irgendwie mit Word und Datei-Ordnern. Oder sie mich - das weiß man im Hause Noa nie so genau.


Anja Bagus spricht dagegen etwas an, bei dem ich zuerst dachte, Bääääm! Stimmt, das ist das allerwichtigste. Aber dann dachte ich mir, nö. Wenn man die Frage genau nimmt, ohne was ich nicht arbeiten oder vielmehr worauf ich beim Arbeiten nicht verzichten kann... dann habe ich schon richtig geantwortet. Das, was Anja anspricht, das brauchen meine Geschichten dringender als ich. Auch wenn ich mich natürlich für sie herzlich freue, wenn sie es bekommen.


Neugierig geworden?   Hehehe. Das war der Plan.


Freitag, 4. Dezember 2015

Ein Dankeschön an alle Leser

Ich weiß nicht, ob ihr es schon mitbekommen habt: Es weihnachtet.

Und auch wenn ich sonst eher den spröden Charme verbreite, und nicht so viel Zeit in der herzchenverzierten Knuddelquietschkreischecke verbringe, berührt mich der unter all dem Stress verborgene, irgendwo herzerwärmende Glaube an das Gute, das Richtige und Harmonische dann doch. Und darum bin ich heute nett. So richtig. Also, so gut ich es eben vermag.

Heute möchte ich über Leser sprechen - den wichtigsten Bestandteil des Literaturbetriebs, auch wenn ausgerechnet er im Alltag zwischen Selbstdarstellern und Berufsnörglern, Kritikern, Händlern, Autoren, Agenten, Verlegern und all den vielen "Handwerkern", die sich auf diesem Marktplatz tummeln, zuallermeist vergessen oder nur abstrakt, etwas lieblos und ziemlich diffus als "die Leser" erfasst wird. Es gibt Verbände für Autoren mit und ohne Verlage, Buchhändler, Buchverlage, Übersetzer, Lektoren, ... aber keinen für Leser. Eine Marktlücke? Nein, ich denke nicht. Der Leser ist ein stolzes, unabhängiges und manchmal auch stures Geschöpf - auch wenn es sich in seiner Bescheidenheit seiner Macht nicht so richtig bewusst ist.

Es gibt sehr unterschiedliche Formen von Lesern.

  • Die sprintstarken Schnellleser,
  • die Buchstabenjunkies mit den turmhohen Subs,
  • die nachtaktiven Büchereulen,
  • die meist technikaffinen Berufsverkehrleser,
  • die kaffee- oder teebewehrten Genussleser mit der Kuscheldecke,
  • die Buchfashionistas mit den künstlerisch wertvollen Lesezeichen und Büchertäschchen,
  • die knallharten Gebrauchsleser, die ein Taschenbuch schon auch mal umknicken wie eine Zeitschrift und statt Lesezeichen Eselsohren machen,
  • die Weltenflüchter, die sich mit Büchern umgeben, als wären sie eine Schutzmauer gegen alle Widrigkeiten dieser Welt,
  • die Querleser, die - mir unbegreiflich - mehrere Bücher zeitgleich lesen;
  • die Stimmungsleser, die nur der aktuellen Gefühlslage entsprechende Titel konsumieren,
  • die Statistiker, die über Subs, Lesefortschritte und -erfolge genauestens Buch führen,
  • die Hardcore-Fans, die nur bestimmte Bücher gelten lassen und "ihre" Autoren auf Händen tragen, an denensie jede Kritik kategorisch untersagen,
  • die Spezialisten, die ihrem Genre absolut treu bleiben und z.B. nur Contemporary urban local paranormal romance hetero new adult Fantasy lesen und alles andere als laaangweilig ablehnen,
  • die Allesleser, vor denen man schon auch mal das Telefonbuch und Omas alte Enzyklopädie verstecken sollte,
  • die Leseeremiten, die sich mit ihren Büchern in ihre Höhle verkriechen und von nichts und niemanden gestört werden wollen,
  • die Gruppenleser, die keine Leserunde auslassen und in den einschlägigen Facebook-Buchgruppen zu leben scheinen,
  • die Mitleider, die auf der Suche nach emotionalen Berg- und Talfahrten zu Buch und Reader greifen,
  • die Kritiker, die kopfschüttelnd über das Verhalten der Protas wachen, als wären sie deren Psychiater (was in vielerlei Hinsicht sogar zutreffen könnte) und in Buchbesprechungen sehr ausführlich erklären, wie die Geschichte eigentlich hätte verlaufen sollen,
  • die Büchersammler, die mit verklärtem Blick ihre Buchregale dekorieren, wie andere Menschen Hundekörbchen oder Kinderzimmer
  • die ... achwas
Ich glaube, es gibt so viele Lesertypen wie es Menschen gibt. Und das ist toll, denn sie alle verbindet eins: Die Liebe zu Büchern - oder präziser ausgedrückt, vielleicht auch nur die Liebe zu Geschichten, die sie dann wieder mit anderen Erzählformen wie etwa dem Film verbindet.
Diese Liebe zu Geschichten macht mehr als alles andere den Mensch zum Menschen. Es ist unsere Fantasie und die schöpferische Kraft, allein aus unseren Gedanken heraus etwas zu schaffen, was vorher nicht da war. Und das trifft auf den Leser noch weit mehr zu als auf den Autor! Klingt komisch, ist aber so.

Mein und dein ist unser?

Eigentlich wollte ich den Beitrag an "meine" Leser richten, aber aus dem Bauch heraus erschien es mir nicht richtig. Es sind nicht "meine" Leser. Das klingt so besitzergreifend. Wenn, dann wäre ich viel eher "ihr" Autor. Das ist gut, denn es erlaubt mir, andere Autoren als geschätzte Kollegen und viele sogar als Freunde zu haben. Leser nützen sich nicht ab. Die kann man teilen - und wenn man es tut, indem man mit ihnen auch über die Bücher der Kollegen spricht, werden es wundersamerweise für alle mehr. So soll das sein, an Weihnachten ganz besonders. So gesehen, sind wir doch auf der Insel der Glückseligen und Weihnachten für alle für immer... (schnee- und kitschbereinigt allerdings!)
Ich meine das wirklich so, denn würden wir Autos verkaufen, wäre der Konkurrenzdruck übrigens größer. Auch noch so großen Autonarren sind bei der Anschaffung mehrerer Karossen materielle und räumliche Grenzen gesetzt ... Und darum verzeihe ich allen missgünstigen Kollegen, die durch Aus- und Abgrenzen andere Autoren vom Erfolg fernzuhalten versuchen, sie wissen es offenbar nicht besser und verstehen nicht, was das Einzigartige an Büchern ist. Sie verstehen nicht, dass es um die Geschichten geht und dass es nicht das "eine" Buch gibt. Entweder man liest und dann wiederholt - oder man liest gar nicht. Schullektüre vielleicht mal ausgenommen.
Ich empfehle gerne Bücher und freue mich an der bunten Sammlung neuer und neu erzählter Geschichten, die alle darauf warten, erlebt zu werden, die wirken wollen und zaubern. Ich freue mich für die Leser und für die Autoren und für die Buchhändler auch. Es ist mir egal, woher diese Geschichten stammen, denn ich will einfach zusehen, wie sie Farbe in die Welt bringen. Erschreckend viele Leser wissen gar nichts von dem Grabenkampf zwischen Verlags- und Selfpublisher-Büchern und noch viel weniger von dem der Indie-Verlage gegen die großen Publikumskonzerne. Weil sie es gar nicht wissen wollen. Es interessiert sie schlicht nicht. Sie wollen schöne Geschichten - und im Prinzip nichts anderes (auch wenn - so unterschiedlich sind Menschen eben - auf unterschiedlichen Wegen in Amazonien oder Thaliasien oder einem kleinen Buchladen oder über Flohmärkte nach diesen Geschichten gesucht wird, die auf unterschiedliche Weisen, elektronisch oder papierlastig konsumiert werden).
Übrigens sind Autoren oft selbst die besten Kunden ihrer Buchhändler. Also ich jedenfalls. auch hier wieder ein harmonisches Geben und Nehmen. In Bezug auf meine Bucheinnahmen bin ich jedenfalls eigentlich nur eine Geldumverteilungsmaschine. Ich lese viel, viel mehr als ich schreibe und manchmal denke ich auch, dass ich mehr lese als ich verkaufe (Diesen Eindruck gewinne ich regelmäßig nach exzessiven Besuchen in der Buchhandlung, elendem Versumpfen in den Tiefen Amazoniens - oder eben manchmal auch nach Konsultation meiner Kontoauszüge). Ich möchte daher ausdrücklich meine (auch) lesenden Autorenkollegen in meine "Liebeserklärung" mit einbeziehen.

Die Magie erwacht erst im Echo, das die Worte werfen

Letztens erst hatten wir eine Debatte über schlechte Rezensionen mit einem sich unverstanden fühlenden Markus Heitz und nur ein paar Tage zuvor mit T.S. Orgel über Qualität von Büchern (und die mich langweilende Frage, ob dabei ein Verlagslogo ein Qualitätsmerkmal sei). Ich will die Debatte um die unterschiedliche Weltsicht von Lesern und Autoren oder Verlagsautoren und Indies oder verschiedenen, angeblich qualitativ unterschiedlich wertvollen Genres nicht wiederholen, obwohl ich bei beiden Debatten auf meinen Fingern saß, um nicht polemisch mitzutippen...

Aber diese Threads zeigen, dass eine Geschichte erst zur Geschichte wird, wenn sie Leser findet. Autoren sind eine parasitäre Lebensform, ohne Euch, unsere Leser sind wir nichts. Sonst würden nicht nur wir verhungern (das tun wir auch mit Lesern, solange sie nicht ehrlich sind .... *zwinker*), sondern auch unsere Geschichten bloße Ideen bleiben.
Wenn ich eine Geschichte ersinne, sie niederschreibe und am Ende eines langen und gewissenhaften Arbeitsprozesses als Buch veröffentliche, habe ich den Samen gesät, aus dem Fantasie erwachsen kann. Es ist - laienwissenschaftlich ausgedrückt - zwar genetisch alles da, was die Geschichte braucht, Plot, Sprache, Figuren ... Aber erst, wenn sich wenigstens ein Leser ihrer annimmt, ihr das Wertvollste schenkt, was es heutzutage überhaupt gibt, nämlich Zeit - dann erst findet die Geschichte ein Tor in die Welt und darf wirken. Der Autor kann nur der Funke sein, das Feuer entfachen die Leser.

Ich bin (wie man vielleicht auch schon an meiner Liebe für bildhafte Metaphern erkennt) ein bekennender Fantast und halte ehrlich und aus tiefster Überzeugung die Fantasy (und speziell die High Fantasy) für die Krone der Literatur. Warum das so ist, möchte ich hier nicht ausführen, doch das werde ich noch. Keine Sorge. Oder eben schon.

Die erbitterten Debatten und das große Wehklagen zeigen, dass Ihr - die Leser  es seid, die entscheiden, welche Geschichten wahrgenommen und welche von ihnen wirken dürfen. Ganz allein und völlig ohne Rücksicht auf die Meinung von Verlagen und Kritikern. Da werden Bücher, die kein vernünftiger Germanist lesen wollen würde, zum Kult (und damit meine ich nicht nur Bücher wie SoG, sondern eben auch Harry Potter, der zwar heute in Schulen gelesen wird, aber jahrelang keinen Verlag fand, weil keiner magische Internatsgeschichten wollte) - und von den Kritikern hochgelobte Bücher von der Masse trotzig geschnitten. So ist das mit den Lesern, die nicht im Kopf, sondern im Herzen erreicht werden wollen, die Geschichten fühlen und nicht dozieren möchten.

Ich bin euch zutiefst dankbar dafür, dass ihr das tut (auch wenn ich mich manchmal stiefmütterlich behandelt fühle, aber das ist menschlich und das dürft ihr weder ernst noch übel nehmen).

Lesen an sich ist so retro, so archaisch.

Schon im Neandertal standen vermutlich den Menschen in den Höhlen und haben die Wandzeichnungen betrachtet und sich vorgestellt, wie es wohl war, was da beschrieben wurde...
Bücher sind Samenkörner, in denen das, was der Nibelungendichter vor 1000 Jahren "heldenhaft" fand, uns bis heute prägt. In denen das, was einem Goethe oder einer Jane Austen wichtig war, über die Jahrhunderte hinweg bewahrt wurde, in deren Büchern wir noch heute "nachempfinden" können, wie sich das Leben damals "angefühlt" hat. Wem diese Bücher heute zu langsam sind, sollte innehalten und verstehen, dass das Leben damals langsamer war. Dass ein Brief anders als eine Mail oder SMS nicht Millisekunden sondern Tage, Wochen brauchte, um empfangen zu werden. Dass Papier teuer war und man vorher überlegte, was man niederschrieb, was den anderen interessieren könnte, was zu bewahren sich lohnte.
Ich weiß nicht, ob es besser war. Aber es war anders.
Und es tut uns allen gut. zu wissen, dass unser "heute" eine Momentaufnahme ist, die weder unabänderlich ist noch war. Und wieder sind es die Leser, die dieses Wissen nicht nur in ihren Bibliotheken bewahren, sondern eben auch in ihren Köpfen - wo es unweigerlich zu wirken beginnt. .
Ob gut oder nicht - die Shades of Grey ändern das Rollenverhalten, legen Sehnsüchte frei, die unter dem Mantel anderer emanzipierterer Bücher verschüttet worden waren und setzen erneut Diskussionen in Gang, die wir für beendet gehalten haben. Sie geben den Zeitgeist wieder, konservieren ihn für die Nachwelt und erlauben uns, sich damit auseinanderzusetzen. Darum bin ich auch dagegen, alte Bücher dem modernen Leser anzupassen. Ich brauche keinen unrassistischen Rider Haggard, keinen politisch korrekten Ottfried Preußler und keine actionbeschleunigte Jane Austen oder einen gekürzten Tolstoi. Ich bin überzeugt, dass der Leser sich anpassen kann und dass er es will, weil er die Geschichte möchte. Weil es ein Dialog ist, den er sucht, weil er gerade mit der Präsentation anderer Ansichten seine hinterfragen kann, weil gerade an Reibung Emotion entsteht und gerade dort, wo etwas "anders" ist, gelernt werden kann. Das leisten Leser. Sie sind das Sprachrohr alter Zeiten, alten Wissens und - wichtiger noch - fremder Gefühle.
Ich bin gespannt, was man in 20 Jahren zu diesen 50 Colours of After Phänomenen sagen wird. Aber sicher ist: Diese Bücher wird man lesen müssen, um den sprunghaften Anstieg der Nachfrage nach Kabelbindern im Baumarkt zu verstehen. Und auch wenn ich denke, dass ein gutes Buch unter handwerklichen, sprachtheoretischen Aspekten selbstverständlich zu bewerten ist, so ist das wie mit der Mathematik. Jeder Liebende weiß, dass 1 und 1 rechnerisch zwei ergibt und doch so unendlich viel mehr sein kann, als die Summe der Einzelkomponenten. Das ist Magie. Und die lebt nicht in den Worten, sondern im Echo, das die Worte werfen. Nicht im Autor also, sondern im Leser. Und dafür danke ich jedem einzelnen, der seine Zeit mit einem Buch verbringt.

Ich möchte, dass meine Bücher die Welt verbessern. Ich schreibe keine philosophischen Werke über den Wert der Freundschaft, sondern lieber Geschichten über Freunde. So, dass man lachen kann dabei, weil lachende Menschen lieber zuhören. Und ich bin glücklich, wenn ich dadurch erreiche, dass ihr beim Lesen versteht, was ich mit Freundschaft meine, so wie ihr auch übernehmt, was der Nibelungendichter mit Siegfried so als Protohelden gebastelt hat.

Es werden nie zwei Menschen dasselbe Buch lesen.

Dieser Spruch beschäftigt mich seit langem.
Kein Mensch gleich einem anderen und jedes Buch erzählt zwischen den Zeilen viel, viel mehr als mit dem Text allein. Das ist selbst bei Fachbüchern so, wo man sich bei kritischer Lektüre häufig fragt, warum die Argumentationskette nun so und nicht anders aufgebaut wurde, warum hier nicht weiter vertieft und dort etwas so breit ausgewalzt wird.  
Aber in der Belletristik liegen zwischen den Zeilen, in der Wahl der Stilmittel und Worte, ja selbst in der Frage, wann man wo einen Absatz macht, unter Umständen Welten. Welten, die jeder Leser für sich entdeckt, interpretiert und gestaltet - oder eben auch liegen lässt.
Es ging in der Schule los, als die Lehrer immer Dinge in den Texten entdeckt haben, auf die ich nie, nie, nie gekommen wäre (und damit meine ich nicht nur das berühmte Phallus-Symbol, das in freudschem Chiffreneifer hinter allem vermutet wird, was höher ist als breit).
Dieses Befremden teilten nicht nur meine Mitschüler, sondern auch Größen wie Max Frisch, der anlässlich der Veröffentlichung von "Mein Name sei Gantenbein" in einem Brief schrieb, dass es ihn erstaune, was die Kritiker alles aus den Büchern rauslesen, das er nie reingeschrieben hätte. Solche Zitate mit euphorischem Triumph meinem Deutschlehrer vorgehalten, erweckten indessen nur ein müdes Schulterzucken. Da sähe ich einmal, was für ein Genie Herr Frisch doch besessen habe, das sich aus dem Unterbewusstsein hochkochend, quasi am Tagesbewusstsein vorbei seinen Weg in die Freiheit des Textes gebahnt habe. Tja, ein Glück, dass Max Frisch nicht über BDSM schrieb, da hätte das Genie schön doof geschaut. So kopfüber über einen Stuhl gehängt und festgebunden.
Damals wusste ich darauf keine Antwort und habe resigniert aufgegeben und den Text erwartungskonform interpretiert. Heute vermute ich hingegen, dass das Genie eigentlich der Fantasie meines Deutschlehrers entsprungen ist, der in dem Text eine über die Wahrnehmung des Autors hinausgehende Wahrheit entdeckt und zu seiner (und erzwungenermaßen meiner!) Wirklichkeit gemacht hat.
Auch wenn ich mich jetzt nicht mit Max Frisch vergleichen will, so geht mir das mit meinen Lesern genauso. Die entdecken oft Verbindungen in meinen Texten, Anspielungen und Details, deren Reichweite ich mir so nicht bewusst war. Das ist toll, denn es zeigt, dass ich als Autor zwar der Samenspender für die Geschichte war, aber eben einen Leser brauche, der sie austrägt und wirken lässt, der sie zu etwas eigenem, womöglich größeren macht und an mich und den Rest der Welt zurückspielt.

Daheim ist, wo man verstanden wird.

In der Flut der Bücher empfinde ich es als Gnade, wenn ihr meine Bücher auswählt und auch wenn da noch Platz nach oben ist und ich weiterhin von Ruhm und Ehren und dem Megaseller träume - euch verdanke ich, dass ich da wo ich stehe, doch schon ziemlich viel erreicht habe und es viel weiter nach unten als nach oben ginge. Mein Erfolg liegt ausschließlich in euren Händen. Es ginge nicht ohne euer Feedback, eure Fragen zu den Protagonisten, eure "gepetzten" Tippfehler, die sich beharrlich mehreren Korrekturgängen entzogen haben, eure Empfehlungen und überhaupt eure Bereitschaft, meinen Geschichten eure Herzen zu öffnen. Ich sage oft, ich brauche jeden Leser - und ja, so ist es. Und ich schätze jeden einzelnen. Ein Musiker oder ein Schauspieler stehen auf der Bühne und bekommen Feedback in Form von Applaus. Die Beziehung zwischen Leser und Autor ist diskreter und erst das Internet hat überhaupt einen Austausch wie wir ihn heute praktizieren erlaubt. Fangruppen, wo man sich mit Lesern austauscht (auch wenn ich jetzt keine solche habe), Büchergruppen, wo man über Bücher spricht, sich freut und/oder aufregt (oft auch gleichzeitig), wartet und hadert, Empfehlungen abholt oder abgibt - das ist wundervoll, denn es bringt mich als Autor mit meinen Ideen den Lesern näher, damit Geschichten entstehen können, die bei euch ankommen. Ich lerne viel, wenn ich mit euch chatte, über die Wirkung kleiner Worte, über das Echo, das meine Texte werfen. Das ist logisch, denn ich weiß, worüber ich schreibe und mir ist daher klar, was ich ausdrücken will (meistens). Aber nur jener Teil meiner "Botschaft", der tatsächlich beim Leser ankommt, ist jener, der die Geschichte ausmacht, die dann wirkt.

Kommunikationstheoretisch ist jede Information doppelbödig. Die Aussage "Es brennt." kann je nach Kontext eine völlig unterschiedliche Bedeutung erfahren. Auf die Frage, was das Feuer macht, löst sie eine andere Reaktion auch beim Leser aus, als wenn das zur Begrüßung gesagt wird, wenn man zur Tür hereinstürmt. Einer bekannten Theorie zur Folge hat jede Aussage 4 Seiten, die von Empfänger und Sender nicht immer gleich wahrgenommen werden. Beim Lesen verschiebt sich das, denn neben der eigenen Interpretation formt er auch eine Erwartungshaltung gegenüber dem Protagonisten, die ihrerseits das Gesamtbild verändert. Um beim Beispiel zu bleiben: Wenn ein cooler Badass-Kerl auf die Frage, was das Feuer macht, antwortet, dass es brennt, hat das eine andere Wirkung, als wenn das naturblonde Prinzesschen das sagt. Dabei spielt nun aber herein, dass der Leser die Figur nicht unbedingt so wahrnimmt, wie sie sich der Autor vorstellt... So wie wir alle auch bezüglich unterschiedlicher Menschen zu sehr verschiedenen Ergebnissen kommen. Und weil ich das so unfassbar faszinierend finde, freue ich mich wirklich, ehrlich sehr, wenn mich Leser an ihren Leseerlebnissen teilhaben lassen - auch damit ich verstehe, wie ich schreiben muss, um meine Leser dahin zu bringen, wo ich sie haben möchte ... *hehehe*

Ich freue mich, wenn ich sehe, dass meine Bücher eine Heimat in fremden Buchregalen finden und dass ihr ihnen erlaubt, euch für ein paar Stunden aufzuheitern. Es ist das größte Kompliment, das ihr mir machen könnt, wenn ihr mir erzählt, dass ich euch beim Lesen eine gute Zeit beschert habe. Das ist unbezahlbar. Für beide Seiten. Und auch wenn ich "nur" Fantasy schreibe und auch über Romantik, und über Vampire und damit aber auch wirklich alle Klischees frontal nehme, die nach vorgeblich berufener Meinung "Schund" charakterisieren. Aber kann man nicht mit leichter Hand auch tiefe Wahrheiten schreiben? Darf man nicht dabei lachen und seufzen und schmachten, während man sieht, wie große Probleme besprochen und mit einem Lösungsansatz versehen werden?
Ich meine ja.



In meinem neuen Buch "Ein Weihnachtsmuffel zum Verlieben" habe ich mich zum Beispiel sehr intensiv mit dem Weihnachtsrummel und den verschiedenen Strategien, mit ihm umzugehen, auseinandergesetzt. Und nach Antworten auf die Frage gesucht, worin der unbestrittene Zauber von Weihnachten liegt, was Weihnachten ausmacht und was es in uns auslöst. Man muss das nicht kultursoziologisch betrachten, man kann auch einfach zwei Protagonisten nehmen und sie es ausprobieren lassen.