Samstag, 29. Juni 2013

Spannung



Ich grüble gerade über Spannungsbögen. Ein Spannungsbogen für das Gesamtwerk des Helden, einen für den jeweiligen Einzelband und einen für jeden meiner Handlungsstränge, wobei sinnvollerweise auch die einzelnen Szenen dramaturgisch aufgebaut sein sollten. Das schaut insgesamt dann so aus:




Bei genauerer Betrachtung gibt das einen ziemlichen Knoten. Teppichweben ist vermutlich einfacher. Aber nicht so spannend. Ich habe mich jetzt hingesetzt und für Band III einmal sorgfältig geplottet. Dabei habe ich sehr darauf geachtet, dass

a)      jeder Handlungsstrang seinen ausgebauten Spannungsbogen erhält,

b)      diese einander abwechseln, sodass über das Buch immer irgendwo „Spannung“ besteht,

c)       die verschiedenen Spannungsbögen dem großen Spannungsbogen des Bandes dienen,

d)      dieser Spannungsbogen wiederum sich in den großen Bogen der Reihe einfügt.

Rückwärts geht es leichter. Wobei das nicht viel heißt. Von „schier unmöglich“ habe ich mich jetzt doch immerhin zwei bis vier Nanometer in eine ermutigende Richtung bewegt.

Spannung entsteht überall dort, wo sich dem Leser Fragen aufdrängen, die er beantwortet haben möchte. Etwa, was mit Izmaban geschieht und ob Xeroan ihr helfen kann? Oder ob Punica es schafft, das Komplott gegen Bandor zu verhindern? Oder ob Kaska das Geheimnis der Hexen lüftet? Oder ob Barrad seine Nordmark retten kann? Oder wie es Lyri auf der Reise geht, die sie unverhofft ins Gebiet der seltsamen Rebellen führt.

 Der Leser hofft, dass die Figur ihre Ziele erreicht – bzw. dass ihre Gegner scheitern. Doch der Weg dorthin ist wendungsreich und schwierig – und an der Frage, „ob“ der Held es schafft, oder auch „wie“ es ihm gelingt, führt der Autor seine Leser an das Buch heran, durch den Text hindurch und auch zum nächsten Band. Und zum nächsten…
Mit dieser Hoffnung entsteht dann auch für den Autor ein gerüttelt Maß an Spannung. Mehr noch als beim Leser vermutlich, wenn man nicht eine so derart treue Fanbase hat, dass man eh weiß, dass man gelesen wird.
Hm... Nein, ich glaube, selbst wenn man Millionen von Lesern hat, wenn man international gehypt wird und seine Bücher die Eingangshallen aller Buchkonsumtempel dieser Welt schmücken... man fürchtet sich trotzdem davor, mit seinem Herzenswerk abgelehnt zu werden.
Mir geht es jedenfalls immer so. Wenn ich höre, dass jemand eins meiner Bücher gekauft hat, dann freue ich mich. Wenn er es nicht liest, weil er keine Zeit hat, keine Lust, erst was anderes dran ist... dann macht mich das traurig, weil ich mich doch so gefreut habe. Wenn er es aber liest - dann fiebere ich mit, hänge an seinen Lippen, warte auf ein erlösendes Lächeln, auf ein rasches Weiterblättern, auf ein Zeichen, dass es ihm gefällt, was ich in vielen langen Nächten geschrieben habe. Das ist nervenzerfetzender Suspense, sage ich Euch. Ein Sturm von Gefühlen, dem ich mich ausliefere.
 
Und zwischendrin braucht der Held ebenso wie der Leser auch ein wenig Entspannung. Und in diesem Sinne haben wir uns jetzt auch ein schönes Wochenende verdient. Ich geh dann mal Spannungsbögen basteln…

(Das Bild ist von www.piqs.de. Some rights reserved: "Jim Tompsons Handbag" - Johan J. Ingles)

Samstag, 22. Juni 2013

Freitag Nacht

Freitag Nacht und noch ein Dungeon...

Es ist schwül und ich sitze über meinen Texten und überarbeite. Das ist etwas, was man hassen oder lieben kann - es ist jedenfalls unausweichlich nötig.
Mittlerweile ist es so spät, dass es schon wieder früh ist und das Pfeifen der Vögel draußen signalisiert mir, dass die Nacht gegen den neuen Tag verlieren wird und ich wieder mal vor allem etwas für meine Augenringe getan habe.
Hat es sich gelohnt, auch diese Nacht in Kernland verbracht zu haben?
Urteilt selbst...

Anders als Zwerge und Maulwürfe sind Menschen für ein Leben ohne Tageslicht nicht geschaffen.
Selbst wenn wir einen unbegrenzten Vorrat an Fackeln gehabt hätten, was wir nicht hatten, und diese hell und gut gebrannt hätten, was sie nicht taten, könnten sie dennoch nicht das Licht ersetzen, das uns Thonos täglich spendet. Schade nur, dass ich für diese schlichte Erkenntnis unendlich lange durch nicht enden wollende Finsternis irren musste. Licht ist Leben. So müde, hungrig und durstig wir auch waren, am meisten sehnte ich mich nach Licht.
Seit Khasay die Tür fortgezaubert hatte, waren wir durch ein Gewirr von Gängen geirrt. Anhand der verbrauchten Fackeln schätzte ich, dass wir etwa einen Tag und eine Nacht unterwegs waren – und kein Ende in Sicht. Der Gedanke passte zu meiner Stimmung. Die unterschied sich übrigens gar nicht mehr von der meiner Freunde. Selbst Kuno wirkte verzagt, auch wenn er unermüdlich durch Gänge stapfte, die nur dafür angelegt worden waren, Besucher in die Irre zu leiten. Allmählich näherten wir uns dem Punkt, vor dem ich mich so gefürchtet hatte: unsere Fackeln gingen endgültig zur Neige. Die Aussicht, in völliger Dunkelheit gefangen zu sein, lag schwer in meinem leeren Magen. Immerhin hatte Khasay unsere Wasserflaschen am Teich aufgefüllt, so dass ich meine immer bitterer schmeckende Panik hinunterzuspülen durfte.
Längst hatten wir das Rufen aufgegeben. Die uns antwortende Stille war zu deprimierend, denn mit jedem Schritt wuchs die Angst, vergebens hergekommen zu sein, während Izmaban anderswo gegen jene Schrecken kämpfte, die uns verpasst hatten.
„Sch“, zischte Kuno und blieb abrupt stehen. „Da vorn war was.“
„Was?“ piepste ich und räusperte mich sofort. Satuuli und Geisterkrieger hatten meine Neugier auf die Bewohner des Tempelbergs massiv geschmälert. Trotzdem wollte ich nicht wie ein Feigling klingen. „Was war da?“
„Weiß nicht.“ Bedächtig schirmte Kuno unsere Fackel ab. „Aber da es auf uns zukommt, werden wir es bald erfahren.“
Entsetzt hielt ich den Atem an und schloss die Augen, um besser auf meine Ohren achten zu können. Tatsächlich – vor uns waren Geräusche, die nicht hierher gehörten.
Ein unrhythmisches Tappen, Poltern und das an den Nerven zerrende Geräusch, mit dem Sand und kleinere Steine aus Stollenwänden brechen und zu Boden rieseln.
Es klang fast wie Schritte, aber nur fast. Kein Wanderer würde sich so ungleichmäßig bewegen. Nicht ohne Grund. Ich dachte an Säufer, die unsicher an den Hauswänden entlang nach Hause tasten und an die Wiedergänger im Schlachthofviertel von Athon. Wohl, weil es enormer Anstrengungen bedarf, allein mit dem festen Willen zu bleiben, den Körper über den Tod hinaus zu bewohnen und auf dieser Seite des Nimmermeers zu bewegen, neigen Wiedergänger im Allgemeinen zu etwas ungelenken Bewegungen. Der ständigen, mit einfachen Dingen wie Atmen, Schwitzen und Essen verbundenen Strapazen wegen, sind Wiedergänger ja auch so anfällig für böse Magie, die sich ihrer gern im Gegenzug zu einigen Erleichterungen bedient.
Nach unseren bisherigen Erfahrungen legte ich keinen Wert auf schwarzmagisch aufgepäppelte Untote. So beobachtete ich mit einer Mischung aus Entsetzen und Erleichterung wie Kuno langsam und lautlos sein Schwert zog.
Khasay dagegen schloss die Augen und reckte sich. Für Augenblicke zog der aufdringliche Gestank von Magie an mir vorbei. Bitter, schal und leicht metallisch.
„Vor uns ist ein Wesen dieser Welt“, flüsterte Khasay schließlich unhörbar über ein neuerliches Platschen hinweg. „Frei von Zauber, soweit ich Urteil bin.“
Ich entspannte mich etwas, nur um im nächsten Augenblick mit neuem Grauen festzustellen, dass besagtes Wesen uns wohl bemerkt hatte. Jedenfalls waren keine Schritte mehr zu hören, so angestrengt ich auch in die Dunkelheit jenseits der gut verborgenen Fackel lauschte.
Da war nur die Finsternis, die hier seit Jahrhunderten hauste und viel Zeit gehabt hatte, ihren fiesen Charakter zu pflegen. Ich lauschte ein wenig genauer und spürte fast stoffliche Stille. Sehr stoffliche, denn im selben Augenblick erkannte ich, dass wir nicht allein waren.
„Pass auf“, rief ich Kuno zu, der einmal in seinem Leben sofort auf mich hörte und zurücksprang. Das bewahrte ihn wenn nicht vor Lobon, so jedenfalls vor einer kapitalen Beule. So nämlich prallte der Stein, der aus dem Gang heraus geworfen worden war, harmlos an dem Fels ab, vor dem einen Augenblick zuvor noch mein Leibwächter gestanden hatte.
Weitere folgten, doch sie trafen Kuno nur am Arm, den er schützend hob. „Verflucht aber auch“, brüllte er schmerzerfüllt. „Das hab ich gerade noch gebraucht!“
„Kuno?“ klang es daraufhin zögerlich aus der Dunkelheit und für einen kurzen Moment hatte ich das alberne Gefühl, endlich käme alles wieder in Ordnung.
„Izmaban!“ riefen wir alle wie aus einem Munde.
Solcherart angerufen hielt unsere Freundin inne und starrte aus weit aufgerissenen, Tränen verschmierten Augen mit seltsam leerem Blick auf die Fackel, die Kuno langsam hob, damit wir alle etwas sehen konnten. Steine polterten aus kraftlos gewordenen Fingern zu Boden. Gerade als ich mich sorgenvoll fragen wollte, ob Izmaban noch dieselbe sei oder ob am Ende gar diese grauenhafte Düsternis von ihr Besitz ergriffen hatte, brach sie mit einem heiseren Schluchzen reiner Verzweiflung zusammen. Kuno, dem solche Bedenken fremd waren, schloss sie ohne Zögern tröstend in die Arme, während ich verlegen zwischen Angst und Wiedersehensfreude verharrte.
Schweigend verging die Zeit.
„Ich glaubte zu ersticken“, flüsterte Izmaban schließlich kaum hörbar gegen Kunos breite Schulter. „Ich glaubte, die Dunkelheit würde mich unter sich begraben und ersticken. Hier unten ist Nichts! Nichts Greifbares, doch etwas, das mir das Leben aus den Knochen zieht. Es ist, als verlöre man den Kontakt zu sich selbst und allein dadurch hört man auf zu leben.“
„Angst“, sagte Khasay ruhig. „Deine Rede ist von Angst.“
Kuno hielt Izmaban weiter fest, wortlos und entschlossen. Eine Geste voller Wärme und Annahme, auf die ich neidisch war, fühlte ich selbst mich doch auch so verloren.
„Angst“, wiederholte Izmaban, als höre sie das Wort zum ersten Mal. „Dunkelheit, diese undurchdringliche Finsternis, all der Stein, an dem ich mich seit Ewigkeiten hilflos entlang taste. Die Löcher alle paar Schritt, die in nur immer neue Dunkelheit führen und in neue Gänge mit neuen Löchern. Erst verliert man das Zeitgefühl und dann die Orientierung. Ich wusste weder wo ich bin, noch wann. Und die ganze Zeit bange Fragen, das angestrengte Lauschen in die Stille nach Antworten und wieder dieses Nichts, das einem mit donnerndem Schweigen entgegenhallt, so lange, bis man selbst zum Nichts geworden ist.“ Izmaban konnte nicht gleich weitersprechen. „Für Durst und Hunger gibt es nur Dunkelheit. Schmerzen kommen, doch sie vergehen und mit ihnen verliert man das Gefühl für sich selbst. Für den Körper, der einem immer fremder wird. Und wieder diese Fragen, warum man weitergeht, wohin, warum? Wenn dies das Ende ist, warum man nicht aufgibt, sich hinsetzt und es geschehen lässt, diese Finsternis, die keine Hoffnung bereit hält, nur Gleichgültigkeit, keinen Platz für Träume, Wünsche und Leben. Irgendwann verliert man auch den Verstand und dann ist man ganz allein. Ziellos in der Dunkelheit wird Bewegung zum Beweis, dass es Leben gibt. Leben, Hoffnung, Licht – doch da ist nur Dunkelheit und Tod.“
„Jetzt sind wir ja da“, sagte Kuno. „Du bist nicht mehr allein. Alles wird gut.“
„Wie denn?“ fuhr Izmaban auf. „Wisst ihr einen Weg hier raus oder denkst du, ich wollte, dass wir hier gemeinsam sterben?“
„Fände ich immer noch besser als allein“, brummte Kuno ungerührt, „aber warum denn unbedingt hier sterben? Wir haben einander, Fackeln, Waffen und Wasser. Jetzt müssen wir nur noch aus dem Berg raus und alles ist wieder bestens.“
Irgendwie hat Kuno auf Ängste und Nöte die gleiche Wirkung wie meine Tante Lytana auf Schmutz in der Mittfeste. Einerseits scheint sie ihn magisch anzuziehen, denn immer ist sie es, die ihn dort entdeckt, wo er zuvor ganz bestimmt nicht gewesen war; andererseits aber kann er vor ihr einfach nicht dauerhaft bestehen.´

(Auszug aus Band II Einfach kein Held - Schwerttanz um Grimm)

Mittwoch, 12. Juni 2013

Independent



Was macht einen Indie-Autor aus?
Was ist Freiheit?
Eine vermeintlich einfache Frage, aber eine ohne einfache Antwort.
Es kommt darauf an, sagt der Jurist in mir. Denn der Wert der Freiheit lässt sich nur in der Bezugsgröße ermessen.
Freiheit von Geld ist ganz was anderes wie Freiheit von Krankheit.

Wie ist dann mit der Verlagsfreiheit?
Machen wir uns nichts vor, die allermeisten Autoren hätten gern einen Verlag und sehen im Indietum eine Not, die man als Tugend verkaufen kann. Da tut man groß und preist die Freiheit und Unabhängigkeit, aber wenn dann ein noch so kleiner schäbiger Klitschenverlag mit einem Verträglein winkt, kommen die allermeisten sofort angewedelt wie ein ausgehungerter Straßenköter.
Wir reden von Freiheit, aber wir suchen Geborgenheit und Sorglosigkeit.
Es gibt heute so viele wunderbare Möglichkeiten, selbst ein Buch seinen Lesern vorzustellen, aber am Ende geben wir sie aus der Hand, verkaufen die Rechte an unseren Herzensprojekten für noch nicht mal 20 Silberlinge. Wir geben uns mit Honoraren ab, die unter denen des Lektors, der Korrektors, des Coverdesigners liegen, obwohl wir das Produkt liefern, das jene veredeln.
Wir träumen von künftigen Erfolgen und verschachern dafür heute unsere Leistungen der Vergangenheit, all die einsam durchgetippten Nächte, in denen uns nur der lauwarm gewordene Kaffee Gesellschaft geleistet hat..
Ist es wirklich erstrebenswert für 5% etwaiger Verkaufserlöse (also abzüglich der Margen, die der Zwischenhandel erhält) auf alle Zeiten sämtliche Rechte abzutreten? Einzuwilligen, dass das eigene Werk verramscht wird, hinzunehmen, dass der Verlag sich angemessen um die Vermarktung eines Werkes bemühen wird, dessen Titel, dessen Aufmachung, dessen Ausstattung er selbst und notfalls auch gegen den Autorenwunsch bestimmt. Das verramscht werden darf, wenn nicht eine Auflage erzielt wird, die so hoch definiert ist, dass das Recht auch gleich bedingungsfrei ausformuliert werden könnte.

Das habe ich heute eine Autorenfreundin gefragt, die ernsthaft meinte, das sei immer noch besser als gar kein Vertrag. Wirklich? Die Taschenbücher, mit denen der Autor gelockt wird (Print! Ich bin ein Printautor!!), werden nie in einem Buchladen aufliegen. Sie werden nie beworben, keiner wird sie bekommen, der nicht gezielt und explizit nach ihnen frägt.
Was bleibt dem Autor dann?

Freiheit bezahlt man mit Verantwortung. Sicherheit kostet Freiheit.

Aber brauche ich als Autor Sicherheit? Haben wir hier irgendwas zu verlieren, außer unsere Träume? Rechnet einer von uns damit, mit seinem Erstlingswerk seinen Lebensunterhalt zu verdienen (auch wenn wir alle von der Autorenvilla am See träumen)? Woher kommt also diese Faszination Verlag, die uns in Abhängigkeiten treibt. Wir verkaufen mit unseren Buchrechten ein Stück unserer Seele für 5%. Warum?

Ein fairer Verlag sollte seine Autoren als Grundvoraussetzung für seine Tätigkeit respektieren. Ihm auf Augenhöhe begegnen.

Wow, das klingt gut. Das klingt richtig überzeugend. Toll. Aber was heißt das konkret.
Welche Tantieme sollte dem Autor mindestens bleiben? Ich lese oft 10%, dann 7%, jetzt werden 5% akzeptiert. Das ist zu wenig. Damit kann man nicht verdienen. Sagen wir idealerweise 10%  und 50% vom E-Book?

Ich würde vielleicht mit den 5% noch leben können. Aber dann würde ich, wenn mein Buch nicht mindestens eine zu definierende Umsatzgröße durch die Vertriebstätigkeit des Verlags erzielt, die Rechte zurückhaben und mein Glück allein oder andernorts versuchen wollen.

Ich möchte bestimmen dürfen, wie das Buch heißt, denn dieser Titel wird auf ewig mit mir verbunden sein. Was wäre aus Goethe geworden, wenn man statt Faust von Teufels Wettbüro gesprochen hätte. Oder aus Mann, hätte ein Verleger beschlossen, dass hinter Müller mehr Identifikationspotential steckt als hinter den Buddenbrocks.
Und das gleiche gilt für Cover.
Oder für Inhalte. Habe ich wirklich nur vergessen, eine Sexszene oder Multikultipotential einzubauen oder wollte ich das bewusst nicht? Weil ich mein Buch nicht als Wichsvorlage feuchter Leserträume wissen will?
Wo bleibt die kreative Leistung, wenn man ein Buch nicht mehr schreibt, sondern wie ein Produkt designt?
Will ich das?
Will der Leser das?
Will ich solche Leser?

Als Leser möchte ich ausgefallene Bücher, spannende Bücher, unterhaltsame Bücher, ich möchte immer wieder überrascht werden (oder manchmal auch nicht). Mit anderen Worten - ich will Abwechslung. So wie viele, viele andere Leser auch.
Doch das ist gefährdet, wenn Autoren immer weniger für ihre Tätigkeit erhalten, wenn immer weitreichender in ihre Kreativleistung, in das künstlerische Werk eingegriffen wird.

Erhaltet die Artenvielfalt!

Wir gehen als wahre Cineasten nicht in die großen Cineplextempel, um auch anderen Filmen eine Chance zu geben und MAXX und Co. ein bisschen Konkurrenz zu erhalten.
Wir kaufen faire Milch zu Eiern von glücklichen Hühnern und kaufen Fair Trade Produkte. Wir unterstützen den Elektro-Einzelhandel, um nicht in naher Zukunft von MediaSaturn abhängig zu sein und setzen auf Wochenmärkte statt Aldi und Lidl.
Denkt auch an die Bücher, an die wunderbaren Geschichten, die nie geschrieben worden wären, weil sie der Verlag nicht wollte.

Shades of Grey hat keinen Verlag, aber Millionen von Lesern gefunden.
Werther wurde von Goethe selbst verlegt,
Harry Potter wurde angepriesen wie sauer Bier, bevor sich ein kleiner Verlag "erbarmte".

Indie-Bücher sind ein bisschen wie Tauben auf dem Dach. Man muss sie wollen, man riskiert ein bisschen was, beim Lesen, denn es könnte sein, anders als beim bewährten Spatz, dass der Leser am Ende nur einen Haufen Mist in der Hand hält.

Gebt den Indies eine Chance, ebenso wie den kleinen Verlagen. Die Fixierung auf Massenerfolge und größtmöglichen Umsatz am Weltmarkt unter Aufgabe von künstlerischer Qualität und vor allem Integrität führt zu einer zunehmenden Monopolisierung und einer Steuerung nicht mehr durch den Künstler, sondern durch den Vertrieb. Das kann weder das Interesse des Lesers noch des Autors sein.

"Independent" wird daher gern mit "verlagsfrei" dargestellt. Das stimmt meiner Meinung nach nicht. Ich würde Unabhängigkeit mit Wahlfreiheit gleichsetzen, mit Selbstbestimmung und in Bezug auf das eigene Werk eben mit künstlerischer Hoheit.
Das sichert auch bei Einschaltung von Verlagen die künstlerische Vielfalt, die sich als Alternative zu globalem Massenkommerz anbietet.


Dienstag, 4. Juni 2013

Sterne und Rezis

Ich freu mich gerade wie blöd über eine drei Punkte Rezi, blöd oder?

http://www.qindie.de/rezension-kay-noa-schwerttanz-um-taeuscher-einfach-kein-held-i/


Nein, aber ganz ernst - ich weiß nicht, wie das mit dieser Bepunkterei gehandhabt werden soll. Wenn ich selbst rezensiere, dann arbeite ich mich vom Mittelwert, also zumeist 3 Punkten für Bücher, die man gern und mit Spaß lesen kann, über 4 Punkte zu Büchern vor, die ich ebenso gern und mit gutem Gewissen weiterempfehle (soll man lesen), bis ich schließlich, irgendwann - selten - in den Olymp der 5 Punkte vorstoße, die man meiner Meinung nach immer wieder lesen muss. Weniger Punkte gibt es, wenn mich Fehler ärgern. Gerade auf Logikbrüche reagiere ich persönlich da ziemlich empfindlich...

Ich kenne als bekennender Viel-, Alles-, Intensiv- und Querleser viele andere Lesefreaks, die das anders handhaben, die - schon um die Arbeit des Autors zu würdigen - mit 5 Sternen beginnen, wenn ihnen ein Buch gefällt und dann eben abzuziehen, wenn sie was ärgert.

Wieder andere arbeiten gleich mit einem drei-Punkte-System, auch innerhalb der aus Amazonien stammenden 5er-Wertung. 5 für gut, 3 für mau 1 für grottig.

Das zeigt wieder einmal, dass wir halt alle verschieden ticken.

Blöd ist nur, dass sich dadurch, dass die Wertung so völlig unterschiedlich vorgenommen wird, auch der Querschnitt verschiebt. Ich mag einem Buch schon gar keine für mich sehr guten 4 Punkte mehr geben, weil mich dann der Autor schimpft, dass ihn das drückt. Das ist schwierig. Ich hab auch schon überlegt, ob nicht ein Portal mit einer Art Grobregelung für die Punktewertung helfen könnte, denn was sagen einem die Punkte, wenn man nicht weiß, was sich der Rezensent dabei denkt?

Braucht man überhaupt Punkte? Sterne? Herzchen? Eselsohren? Oderwasauchimmer?

Da gehen die Meinungen auch auseinander; manche finden Punkte prinzipiell irreführend und doof, andere wieder schätzen sie für einen schnellen Überblick.
Dafür mag ich jetzt z.B. diese SMS-Rezis, wie man sie auf Lovelybooks etwa findet, lieber. Sie erlauben auf einem Blick eine ehrlichere Einschätzung wie so ein paar unmotivierte Punkte.

Eine Rezension wie die von Astrid aber, die durch das Buch führt, Schwächen und Stärken anspricht und ihrem Leser zeigt, wie sich Buch und Leser begegnet sind, die sind für sich ein Kunstwerk. Ich war gerührt und begeistert. Und schäme mich, dass ich das, was Astrid nicht gefällt, nicht besser gemacht habe.

Wie seht ihr das? Was macht eine gute Rezension aus? Wie vergebt ihr die Punkte? Und gebt ihr was auf sie?

Samstag, 1. Juni 2013

Lesen als Berufung

Wie gesagt, bin ich selbst ja derzeit an der Autorenfront sehr aktiv und vernachlässige daher ein wenig meinen Blog. Sorry. Aber ich bin sicher, es lohnt sich und ich freue mich schon auf Euer Feedback.

Aber ein Anliegen hätte ich zwischendrin dennoch:
An alle Gernleser, Vielleser, Allesleser, Gourmetleser, Genreleser, Mitleser, Leidenschaftsleser, Urlaubsleser, U-Bahn-Leser, Freizeitleser, Bettleser, Pausenleser, Leihleser 
An alle Buchjunkies, Buchsuchtis, Buchliebhabern, Buchindietaschestopfern, Buchknickern, Buchfaltern, Buchhätschlern, Buchleihern, Buchsammlern, Buchwürmchen, Bucheulen, Buchfreaks 
und natürlich an alle sonstigen Literaten:

Du liest viel, betreibst aber keinen eigenen Blog?

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