Donnerstag, 29. Oktober 2015

5 Dinge die man als Autorin gerne vorher gewusst hätte (Repost)

Meine Autorenfreunde
Catalina Cudd
Elke Aybar
Hope Cavendish
Anja Bagus
und
Mella Dumont

sinnieren derzeit hochamüsant über Dinge, die man als Autor vorher wissen sollte.


Ich hab das mal verlinkt (ganz unten).

Edit: Inzwischen sind noch weitere dazu gekommen, die ich auch noch aufnehmen will.

Aber zudem möchte ich mich doch auch selbst dazu äußern, weil natürlich sieht die Kay das etwas anders.



1. Zeit

Die Relativität der Zeit erschlägt den Autor hinterrücks.

Ein Beispiel: Warum hab ich gestern nicht mehr zu diesem tollen Post geschrieben? Weil es spät war. Oder früh. Das ist eine Frage der Perspektive, wobei ich da stur an der Definition festhalte, dass es unabhängig von Datum und Uhrzeit solange "spät" ist, bis man geschlafen hat. "Früh" ist es erst nach dem Aufwachen. Auch wenn die Sonne schon wieder untergeht. Und wer nicht schläft, für den ist es dann eben sehr spät. Oder zu spät, um früh zu sein. Habe ich erwähnt, dass die meisten Autoren, die ich kenne, chronisch übermüdet sind?

Da die Kreativität ihrer eigenen Uhr folgt, ist man als Autor noch weniger Herr seiner Zeit als normale Menschen. Wenn man eine gute Idee hat (oder auch eine nicht so gute, das weiß man ja oft noch nicht sofort), dann muss man sie konservieren. Irgendwie! Denn nichts ist flüchtiger als kreative Einfälle. Wobei ich noch den Eindruck habe, dass die Flüchtigkeit sich direkt proportional zur Qualität der Idee verhält. Dies hat zur Folge, dass man einfach alles - Mann, Kind, Auto, Kochtopf, Feuerlöscher - liegen und stehen lassen muss, um nur schnell diese Idee zu notieren, bevor sie weg ist - wohin auch immer. Wenn er dann nach erfolgter Notiz wirklich schnellstmöglich, ohne schuldhaftes Zögern, fast sofort zurück an den Ausgangspunkt kommt, ist der Autor erstaunt, dass die Scheidung eingereicht und das Kind erwachsen geworden ist (und daher auch gleich mit dem verbotswidrig in zweiter Reihe abgestellten Wagen davon gefahren), während der Feuerlöscher geduldig gewartet hat, um gegen die verkohlten Reste des Kochtopfs zum Einsatz zu kommen. Dabei hat man aber wirklich nur gaaaaaanz schnell die Idee notiert - und ein paar Skizzen dazu vielleicht.

Ich persönlich vermute ja, dass Autoren in einem eigenen literarischen Zeit-Raum-Kontinuum leben und eigentlich gar nicht so richtig in dieser Normwelt beheimatet sind. Denkt mal drüber nach, das erklärt vieles.

Zum Beispiel, warum der Buchmarkt einerseits so quirlig und innovativ und zugleich so unfassbar verstaubt sein kann, dass man immer noch diskutieren muss, ob sich E-Books behaupten. (Wie sich ein milliardenschwerer Markt wie der Literaturbetrieb so dilettantisch verhalten und dabei noch stolz auf die Brust trommeln kann, das hätte ich vorher schlicht nicht geglaubt!)

Oder dass die von Catalina so wunderbar beschriebene Wartezeit auf das Amazonranking in der Autorenwelt locker mehrere Stunden (Tage!) beträgt, während das Zeitintervall zwischen den verschiedenen Kontrollblicken des Autors in der Normwelt allenfalls in Minuten bemessen wird.

Damit jedenfalls muss der Autor leben. Oder vielmehr seine Umgebung, denn der Autor ist sich seiner Sonder-Zeit gar nicht bewusst - bis ihm das Umfeld auf die Fresse haut. Frontal. Mit Schmackes. Und deshalb ...

2. Autorengerechte Haltung

Die Meinung hierzu ist, wie ich in einer spontanen, ganz und gar nicht repräsentativen Erhebung am Frühstückstisch und an der Kaffeebar der Kanzlei ermittelt habe, stark abhängig davon, wen man dazu befragt. Autoren halten sich im Allgemeinen (und auch im Besonderen, mit Einschränkungen auch im Speziellen) für äußerst pflegeleicht. Und das ist rein äußerlich betrachtet auch schwer zu widerlegen. Autoren sind genügsam.

So wie Elke es so schön schildert, reicht als Sprit schon kalter Tee (oder auch Kaffee). Autoren sind nicht eitel. Die meisten legen keinen großen Wert auf hippen Schnick und teuren Schnack. Warum auch? Kalter Kaffee macht bekanntlich schön. Darüber hinaus benötigt der Autor nicht mehr als Strom und ein Laptop, notfalls genügen auch ganz archaisch Stift und Zettel.

Und W-Lan. Um nicht völlig zu vereinsamen. Denn trotz dieser wirklich sensationellen Genügsamkeit erfahren Autoren von ihren nicht schreibenden Mitmenschen meist reichlich Unverständnis.

Etwa Leser, die nicht verstehen, dass das für Herbst angekündigte Nachfolgebuch noch nicht da ist, weil der Herbst in der Autorenwelt in der Normwelt schon auch mal Sommer werden kann. Oder eben Herbst. Aber in einem anderen Jahr - das weiß man bei der Autorenzeitrechnung nie so genau. Kleinlich, da einen kreativen Geist festnageln zu wollen.

Auch die für weniger flexible Menschen bisweilen pathologisch anmutende Gemütslage des Autoren ist immer wieder Thema in Autorenhaushalten. Dabei ist es doch ganz einfach. Der Autor, der gehalten ist, über das doch eher dröge Medium "Schrift" seine Geschichten so lebendig werden zu lassen, dass Emotionen an die ihm zumeist unbekannten Leser übermittelt werden können, muss diese Emotionen leben. Ich kann nicht von einer weltenzerstörenden Kriegserklärung berichten, bei der mein Protagonist aus einem inneren Konflikt heraus, für ein Großes/Ganzes alles aufgibt, was ihm lieb und teuer ist - und dann fröhlich in die Diskussion einsteigen, ob es okay ist, wenn wir heute eine halbe Stunde früher zu Abend essen. Hallo? Ich habe gerade meinen Bruder in den sicheren Tod geschickt?! Und außerdem ist dieses Abendessen bei genauerer Betrachtung in Autorenzeiteinheiten eigentlich das Frühstück. Oder doch das Abendessen vom Vortag? Man verliert den Überblick, wenn man schreibt und sich vorrangig von Dingen ernährt, die man mit einer Hand neben dem Tippen verzehren kann. Wenn man es nicht vergessen würde. Der Kaffee ist aus Gründen kalt.
Ja, ich kann Mella gut verstehen.

Schizophrenie ist der Wikipedia zufolge geradezu der Normalzustand eines Autors. Natürlich höre ich Stimmen. Wenn ich mit meinen Protagonisten Szenen diskutiere und z.B. versuche, Lexa von den Vampire Guides davon zu überzeugen, wenigstens einmal einen Fettnapf auszulassen (erfolglos), dann erwarte ich Antworten. So unverschämt sind meine Protagonisten dann doch nicht. Ich lebe - um meine Geschichten plastisch machen zu können - nicht ein Leben, sondern mehrere. Ich versetze mich in meine Figuren hinein und "er-lebe" im wahrsten Wortsinne das, was ich dann erst glaubhaft (hoffentlich) schildern kann. Ich verstehe, dass ich damit meinen Mann (der dankenswerterweise noch nicht die Scheidung eingereicht hat!) gelegentlich befremde. Ich weiß ab und an ja selbst nicht, ob ich schon wieder ganz "da" in der Normwelt bin, oder doch eher noch irgendwo in den Schatten stecke. Oder in Kernland. Oder auch sonstwo.

Ein schöner Trick ist es übrigens, sich mit anderen Autoren anzufreunden. Die haben denselben kruden Lebensrhythmus, verstehen Stimmungsschwankungen und schauen einen nicht schief an, wenn man sein T-Shirt versehentlich falsch rum trägt... Mit ihnen kann man diskutieren, was man einem Werwolf zur Housewarming-Party mitbringt oder wie man einen Drachen einreitet. Sie verstehen, wenn man weinend den Tod einer Figur beklagt, die man gerade lustvoll selbst auf 3 Seiten hat sterben lassen. Danke an dieser Stelle meinen Aktiven Autoren. Hab euch alle lieb!

Autoren sehen Dinge auch mit anderen Augen. Nicht nur beim Lesen, auch beim Fernsehen (habe ich erwähnt, dass es Menschen gibt, die mich meiner hellseherischen Fähigkeiten wegen nicht mehr mit ins Kino nehmen - oder auch weil ich nicht die Klappe halten kann und spoilere... ). Immer läuft bei mir alles in Plots. Alles wird auf Verwertbarkeiten hin überprüft.
Es ist schrecklich.

3. Freiheit

Freiheit ist ein leeres Wort. Das habe ich tatsächlich erst durchs Schreiben gelernt. Es hängt davon ab, wovon man frei ist. Frei von Krieg - gut. Frei von Geld - nicht gut.
Seit ich versuche, meine Zeit so zu gestalten, dass ich die Freiheit finde, die zum Schreiben brauche, verstehe ich das. Freiheit kostet Verantwortung. Kann ich es meiner Familie, meinen Freunden zumuten, dass sie mit meiner höchst eigenwilligen Autorenzeitrechnung auskommen müssen? Kann ich verlangen, nicht nur mit mir, sondern auch mit meinen jeweiligen Figuren zu leben, die einem ja noch nicht einmal ordentlich vorgestellt werden (nicht weil ich unhöflich bin, sondern weil ich sie ja auch erst im Verlaufe der Geschichte kennen lerne)?
"Tu was du musst und trag die Konsequenzen" hat ein schlauer Prota in einem meiner Bücher gesagt (oder ich durch ihn, es ist schon wieder schwierig). Wenn wir uns die Freiheit nehmen, nicht ein Leben, sondern viele zu führen, dann führt das zu einer Reduktion in diesen Leben. Ich kann das in der Breite tun (indem man auf Hobbys verzichtet und seinen Freundeskreis reduziert) oder in der Tiefe (indem man weniger intensiv sportelt und Kontakte oberflächlicher hält). Aber da ich mich noch nicht klonen und auch nicht über mehr als 24/h am Tag verhandeln kann, muss ich die Entscheidung treffen. Und das tut weh.

Ich bin kein entscheidungsfreudiger Mensch und deshalb habe ich - auch wenn ich dadurch Gegenwind aus allen Richtungen erhalte - mein Tun bis zur Unerträglichkeit komprimiert. "Ein guter Plan verfolgt 3 Ziele" sagt ein anderer Prota (ich sollte echt öfter zuhören) und so versuche ich auch durch Effizienz fehlende Zeit wettzumachen. Mein nächster Plan ist es, einen Bestseller zu schreiben und mir dann ein großes Flugzeug zu kaufen, dass mich über die Zeitzonen transportiert. Wenn ich also Mittags in München einsteige und losschreibe, wäre es sechs Stunden später in den USA immer noch Mittag. *Muahaha*  Ich fürchte nur, dass ich dann mit meinem Zeitgefühl endgültig durcheinanderkomme.

Das Gute an der Freiheit ist, dass man schreiben kann, was man nicht leben darf. Bücher sind Orte, wo man hinkann, wenn man nicht wegkann. Mein Schreibtisch erlaubt mir zu tun, was ich in der Normwelt nicht kann, weil ich zu arm, zu schwach oder einfach unfähig bin. Ich bin zum Beispiel taktlos bis ins Mark. Rhythmus jenseits einfachen Mitklatschens kann ich nicht entwickeln. In meinem Blut schwingt da gar nichts. Das sagt zu Musik nur "Blubb". Was nicht heißt, dass ich es nicht gerne könnte. Dass ich Musik nicht liebe (und im Auto mitsinge, bis mein Mann droht, aus dem Fenster zu springen und der Reservewerwolf Bruno im Heck verzweifelt heult). Aber ich kann es einfach nicht. Wer mich kennt, bestätigt das. Speziell das mit dem Takt. *öhm*
Entsprechend war es ein wunderbares Erlebnis, über Lisa in Agentin 006y zu schreiben. Sie kann nämlich tanzen. Und wie! Und so durfte ich in ihre Haut kriechen, mich auf ihre Zehenspitzen stellen und mir vorstellen, wie es wäre, richtig tanzen zu können ...

4. Glück 1

Glück, das weiß jetzt der Anwalt besser als der Autor, ist einerseits ein Gemütszustand (Glück <=> Trauer) und andererseits eine Beschreibung für den Eintritt eines positiven Ereignisses, auf das man keinen Einfluss hat (Glück <=> Pech). Der Autor lernt, dass sie nichts miteinander zu tun haben. Oder eben schon. Es ist - mal wieder kompliziert.

Glück braucht man für seine Bücher, denn nur wenn sie gelesen werden, können sie leben. Erst das Echo im Leser macht die Geschichten lebendig. Und nur wenn sie leben, kann auch der Autor leben. Wir sind quasi eine parasitäre, vom Leser abhängige Lebensform.

Der Leser muss unsere Geschichten lesen und - so ist das in einem kapitalistischen, nur bedingt kunstaffinen System nun einmal - auch bezahlen. Dass das so schwer zu vermitteln ist, damit habe ich in der Tat nicht gerechnet. Obwohl ich jetzt als gelernter Strafverteidiger naturgemäß eine etwas ernüchterte Grundvorstellung von der menschlichen Gesetzestreue habe (wobei da "ernüchtert" nun wirklich vollkommen irreführend ist. Mein Chef sagte mal, Strafverteidiger könnten auf Dauer nur Zyniker oder Alkoholiker sein, die meisten könnten sich nicht entscheiden und würden beides. Ich mache es natürlich anders - und wurde Fantasyautor.) Ich will nicht über Piraten meckern, die nur ihren Job machen. Ich will an die Leser plädieren, mich und nicht die Piraten zu unterstützen. Nicht weil es verboten ist, sondern weil es fair ist.

Und bis dahin?

Michael Ende sagte anachronistisch aber trotzdem richtig, literarischer Erfolg sei in hohem Maße eine Frage des Portos. Die meisten Autoren scheitern nicht an den Unwägbarkeiten des Marktes, sondern an ihrem fehlenden Durchhaltevermögen. Es ist zäh. Ich bin erstaunt wie zäh. Aber hey - Challenge accepted.

Die Glücklandetheorie besagt, dass man Zufälle über Eintrittswahrscheinlichkeiten steuern kann. Je größer mein Feld und je hübscher meine Blumen, desto wahrscheinlicher, dass dort auch mal ein Glücksbienchen landet. Also schreibe ich fleißig meine Bücher, bewerbe sie und hoffe, dass ich ehrliche Leser finde.

Kinders, das ist eine Drohung. Ich spame euch mit meinen Büchern, wenn ihr nicht einfach die nehmt, die schon da sind. Irgendwann müsst ihr sie nehmen, und sei es nur um eine Bresche in die euch umzingelnden Stapel zu schlagen.

Geschäftstüchtig hier eine Übersicht über meine Bücher, deren Erwerb nicht nur mich, sondern auch euch bereichern würde (Ich schwör!).

5. Glück 2

Diese Drohung ist ernst zu nehmen, denn so sehr ich während des Schreibens, das ich zumindest mit den Wehen einer Geburt vergleichen kann, leide - so glücklich bin ich, wenn ich fertig bin.

Glück hat jeder Autor, denn er hat wie all meine Vorblogger, Catalina, Mella und Elke, mit ihren eigenen Worten bestätigen, den tollsten Beruf der Welt.

Geschichten zu erzählen macht den Unterschied zwischen Mensch und Affe. Geschichten, die "frei" erfunden sind. Sehnsüchte zu manifestieren, die nicht einem unmittelbar zu stillenden Bedürfnis entsprechen, sondern die Seele befreien und jenseits aller Grenzen schöpfen lassen können, was sonst nur den Göttern vorbehalten ist. Es sind nicht nur die High Fantasy-Autoren, die Welten schaffen. Sie sind nur freier in den Bauteilen. Jede fiktive Geschichte schafft ihre ganz spezielle Welt. Der Autor erschafft sie. Etwas, das "so" vorher noch nicht da war. Und jede noch so eng inspirierte Geschichte ist irgendwie einzigartig. Ich gehe von der U-Bahn oft an einer Reihenhaussiedlung entlang nach Hause. Die Fassaden haben allen denselben Plan: Vorgarten, Haustür, ein Fenster daneben, zwei Fenster darüber. Aber was die Bewohner über die Jahre aus dieser Vorgabe hochindividuelles gemacht haben, ist wunderschön und zutiefst menschlich. Versteht ihr, was ich meine?

Mein Glück ist die Freiheit, die meine Geschichten haben. Die frei von Raum und Zeit, durch die Jahrhunderte quer über den Globus und vielleicht eines Tages auch ins All übermittelt werden können. Wenn ich in der Illias über Achills Tod trauere, dann weckt Homer Jahrtausende nach seinem Tod meine Emotionen. Wenn Jane Austen mir erzählt, wie man einen Mr. Darcy sucht, dann erfahre ich, was man in dieser Zeit gespürt, gefühlt, gedacht hat. Wenn Tolstoi von Krieg und Frieden schreibt, dann erlebe ich, dass der "Russe" hinter verrosteten Eisernen Vorhängen exakt dieselben Ängste und Nöte, Freuden und Wünsche hat wie wir. Und auch, worin die feinen Unterschiede bestehen, die unsere Welt so schillernd und bunt machen.
Und dann könnte ich weinen vor Glück, weil ich Teil von etwas bin, was zeitlos und daher ewig ist.



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http://www.dunkle-zeiten.info/5-dinge-die-man-als-autorin-gerne-vorher-gewusst-haette/
http://www.elke-aybar.com/5-dinge-die-man-als-autorin-gerne-vorher-gewusst-haette/
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http://www.hope-cavendish.de/index.php/blog/schreiben/5-dinge-die-man-als-autorin-gerne-vorher-gewusst-haette 
http://www.anja-bagus.de/5dinge/





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