Montag, 5. August 2013

Die Rezeptur eines Textes...

Manchmal würde ich mir ein Schreibrezept wünschen.

Man nehme zwei Helden, die sich leiden können oder auch nicht. Die füreinander bestimmt sind oder auch nicht. Dazu dann eine missgünstige Verwandtschaft oder notfalls auch eine verständnislose.
Ein bisschen Missverständnis, ein bisschen Dummheit, einen dicken Block Action und im Verhältnis zu den Dialogen etwas Theatralik. Humor für die Deko - kleine, knackige Einschübe, die das Gesamtwerk auflockern, ohne die Grundaussage zu verfälschen.

Ich schreibe mit derzeit sechs Handlungssträngen und brauche von allem in Kantineneinheiten. Dabei muss ich sehen, dass der Leser, der wie früher bei uns und heute noch in Asien alle Gänge gleichzeitig auf den Tisch bekommt, dass sowohl der einzelne Handlungsstrang als auch die Gesamtkomposition ausgewogen ist.

Das Schwierige beim Schreiben im Verhältnis zum Kochen ist, dass ich anders als der normale Koch nicht weiß, wer hinter der Küche respektive Schreibstube ausgehungert auf (Lese)Futter wartet. Der eine will Spannung statt pfiffiger Dialoge, der Nächste steht auf lakonisch geschilderte Schlachten, der Dritte erfreut sich lieber an Blümchensex und zarter Romantik.
Ist Fantasy gut, wenn sie ohne Magie und spitze Elfenöhrchen auskommt oder gewinnt sie dadurch gerade ihren Reiz?
Darf man Gesellschaftskritik in einen High Fantasy-Roman packen (oder verschreckt man damit die realitätsfliehenden Leser? Und wie verhält es sich mit Politthrillern, Detektivgeschichten oder Entwicklungsromanen?

Der Koch mag sich beim Entwerfen der Speisekarte fragen, ob er mehr seinem Personal oder mehr seinen Gästen verpflichtet ist, und einen Kompromiss finden.
Bin ich als Autor aber mehr meinen Lesern oder mehr meinen Protagonisten verpflichtet? Letztere können im Gegensatz zum entnervten Sous-Chef nicht einmal kündigen und sind mir auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.... *Muahahaha*
Aber entsteht daraus nun eine Position der Stärke oder nicht vielmehr eine besondere Verantwortung? Und was ist mit dem Plot? Der Geschichte, die sehr eigene Vorstellungen dazu vertritt, wie sie erzählt werden will.

Es ist alles nicht so einfach. Meine Geschichte ist wie eine Pizza.
Der Plot ist ein dünner, aber stabiler Teig, der unaufdringlich, all die unendlich vielen Zutaten aufnimmt und einer ganzen  Welt ein Zuhause bietet. Der dafür sorgt, dass nichts durchweicht und alles transportiert werden kann. Locker, luftig, aus einfachen Zutaten, aber gut durchgeknetet und geduldig gehen gelassen (sagt man das so? Eine peinliche Frage für einen Autorenblog, das kommt davon, wenn man spätnachts schreibt, wenn niemand mehr wach ist, den man fragen könnte...) Handwerklich solide. Und mit ein paar Überraschungen im Grundrezept, die ihn doch zu etwas ganz Besonderm machen. Salz in Form eines die Welt bedrohenden Dämonen - aber eben kein normales, sondern ganz besonderes... Hawaiianisches Lavasalz quasi und noch einem Tropfen... Ha! Das verrate ich nicht einmal Tante Google.

Und dann die Soße, sonnengereifte Tomaten, edle Gewürze... Oder in meinem Fall - eine tragische Liebe, ungesühnte Schuld und ein paar frisch zusammen gepflückte Intrigen aus dem Garten derer, die nach jeder sich bietenden Gelegenheit schnappen. Das könnte klappen.

Als Belag entscheide ich mich für Quattro Stagioni - oder vielmehr seis... Und so kann ich für jeden Handlungsstrang einen Abschnitt eigens belegen.
Doch stets mit Blick auf das Große und Ganze. Kontinuität und Abwechslung. Ein Buch wie ein Kreisel... Nicht weil einem schwindlig wird, sondern weil die Bewegung stabilisierend wirkt.
Aber heute kein Sport, sondern Küche:
Hier ein bisschen was Süßes, ein bisschen was Saures dort und als nächstes was Scharfes. Was Salziges.
Und auch auf die Textur sollte man achten. Zartschmelzendes neben ein paar Knackern, Dinge, die den Gaumen füllen und solche, die erkaut werden wollen. Grundtöne und kleine Aromenfeuerwerke außen herum. Ich arbeite eben als Autor statt mit scharfer Salami mit satten Actionszenen, statt mit salzigen Sardellen mit ein bisschen gruseligem Zauber und statt knackigem Gemüse ein paar frische Dialoge. für Kapern und Oliven eignen sich ein paar spitzfindige Scherze und Anekdoten. Zartschmelzend wie Büffelmozzarella die Schilderungen von Land und Leuten, Die persönlichen Probleme meiner Protagonisten sind die Pilze... so schießen sie jedenfalls aus dem Boden und werden frisch verarbeitet. Ein paar dramatische Parmesanspäne greifen die rätselhafte Grundstimmung der Sauce auf, geschickt akzentuiert durch ein bisschen frischen Knoblauch, dem Inbegriff der Selbsterkenntnis (Ich mag Dich, aber wenn ich Dich esse, mag mich keiner mehr...) und der taktikgenährten Näcstenliebe (Magst Du nicht auch ein Stück, Schatz?!). Wobei ich finde, dass kleine Tomaten auf der Pizza wunderbare Symbole für Liebe und Freundschaft sind. Und Speckwürfelchen für Verrat (jedenfalls aus Sicht des betroffenen Schweins).
Und für mehr oder minder dezidierte Erotik stehen Ananas und Eier. Die haben nämlich beide auf meiner Pizza nichts verloren.
Ich mag beide gern, aber nicht auf der Pizza und was ich im normalen Leben schätze, muss ich nicht auch im Buch verwursten.

In dem Zusammenhang empfehle ich gern andere Bücher wie etwa die Jay Valentine, die das deutlich besser kann.

Was heißt das jetzt aber konkret?
Xeroan - Magarita - schlichte Eleganz, die durch qualitativ hochwertige Zutaten besticht und die statt mit frischem Basilikum mit Selbstironie gewürzt wird.
Kaska - con tutto - eitel an bunten Orten zwischen politischem Schinken, actionreicher Salami und jeder Menge Knoblauch pendelnd.
Lyri - alle verdure - stetig lernend, mit etwas Chiliöl für reichlich Action.
Punica - Regina - viel unter Leuten, zwischen lauter Intrigen, und mit Pepperoni für all die Scharmützel.
Barrad - Tonno - Thunfisch für die Zweifel, Knoblauch für die Disziplin und Zwiebeln, für die Tränen, die mich dieser Plotteil kostet.
Rommily - Gorgonzola - Scharfer Käse, frischer Spinat und Speck. Wer aufgepasst hat, weiß, was ich meine.

Und ich such mir jetzt mal einen Pizzadienst mit 24h-Service.  Bis bald ihr Lieben.

1 Kommentar:

  1. die Qual der Wahl wie sie jeder koch kennt .Wenn du auf deine Leser hören magst ,antworte ich dir diplomatisch .von allem ein wenig und nicht zuviel. :-))

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