Dienstag, 30. Juli 2013

Über das Träumen

Ich schreibe gerne.
Nur falls sich das noch nicht herumgesprochen haben sollte.
Und ich träume gerne.
Was nicht überraschend ist, wenn man bedenkt, dass ich eine epochale Fantasy-Reihe schreibe.

Obwohl mir meine Sekretärin schon mal allen Ernstes gesagt hat, dass ich bemitleidenswert wäre, fantasielos wie ich sei... Nun, ich wagte zu sagen, dass sich mir die "besondere Magie" von Twillight nicht erschließt. Tut sie nicht. Weder auf Deutsch noch auf Englisch, als Buch oder Film. Auch nicht, wenn mir Fans versuchen zu erläutern, worin diese "besondere Magie" liegt. Aber ich schweife schon wieder ab. Hätte sie mir vorgeworfen, die Aufmerksamkeitsspanne eines demenzkranken Eichhörnchens zu besitzen, hätte ich weniger beherzt widersprochen.
Wobei ich nicht widersprochen, sondern nur still gelächelt.... ARGH! Schon wieder! Wo war ich stehen geblieben?

Ja, ich habe den unendlichen Weiten des Netzes anvertraut, dass ich gerne träume. In 3-D und Farbe.
Ich träume von Literatur-Nobelpreisen und dem Helden als Blockbuster-Serie, die selbst Game of Thrones das Fürchten lehrt.
Ich male mir aus, wie die Fans für mein Buch vor einem Laden campieren.
Ich frage mich, wie ich wohl reagiere, wenn ich das erste Mal spontan in der U-Bahn um ein Autogramm gebeten werde...
Jetzt stutze ich...

http://de.wikipedia.org/wiki/Caesarenwahn

Hmmmm... wenn man den Hunger nach militärischen Triumphen durch literarische ersetzt, bin ich im Geschäft, wenn ich so weiter mache.

Aber zurück zu meinem heutigen Thema:
Wenn man einen Traum hat - und unter dem Strich ist es ja nur ein einzelner Traum - muss man etwas dafür tun, dass er sich erfüllen kann. Ein Traum ist wie ein Versprechen, das man seiner Seele gibt.
Wenn es ein guter Traum ist, dann muss man auch was dafür tun. Denn er hat es verdient. Träume gehören der Seele. Und aus der Seele heraus entfaltet sich unsere Welt, so wie wir sie wahrnehmen.

Woher kommen Träume?
Ich stelle mir den Kopf wie ein Labyrinth vor. Wie eine weite, Escher-mäßig verschachtelte Fläche, in der es zugleich bergauf und bergab geht und vielleicht auch ums Eck. Es gibt stille, zauberhafte Elfenwinkel, verschwiegene kleine Ecken, in denen man sich geborgen fühlt. Baumhöhlen und weite Wälder. Faszinierende Weiten, fantastische Städte, verträumte Gässchen, endloe Weiten - mehrere Welten in- und übereinander gefältelt, sich stetig neu erfindend. Dort wohnt alle Musik, die hier je ein Echo werfen durfte, jedes Buch, das mich je berührt hat, jede Szene, die durch meine Augen, den Weg hierher gefunden haben.
Darin leben wirre Gedanken, die dort frei herumhüpfen und umherflitzen.
Etwas eitel nehme ich an, dass Autorenköpfe vielleicht ein bisschen bunter befüllt sind. Und selbstkritisch füge ich hinzu, dass sie vielleicht auch etwas verschachtelter als andere sind.
Ich glaube, dass Gedanken sich in Autorenköpfen wohl fühlen. Und doch wollen sie hinaus. Wie aus jedem anderen Kopf auch. Egal, wie gemütlich ein Käfig ist, wie luxuriös es da drin auch sein mag - am Ende ist es ein Käfig.
Alle Gedanken wollen raus, sie wollen ins Außen. Sie wollen wirken. Sie wollen für wahr genommen werden.
Auch deshalb sind Autorengedanken glücklicher als andere.
Sie haben unsere Texte. Sie dürfen fliegen. Oder baden gehen. Aber sie dürfen leben. Im Guten wie im Schlechten. Ein Buch führt Träume aus dem Kopf in die Welt hinaus. Ein Buch gehört in diese Welt. Aber das, was drinsteht, entstammt jener Welt in unseren Köpfen, und dorthin gehen sie auch wieder zurück, denn wo speichern wir das, was wir lesen. Und so sind Bücher wichtige Brücken zwischen den Welten. Musik kann das vermutlich auch, aber ich bin zu unmusikalisch, um sicher zu sein.

Wer träumt, verändert die Welt in seinem Inneren. Was hindert, das auch draußen zu tun?
So entsteht Kreativität. Eine Autorentugend.
Eine besondere Form, der Magie. Echte Magie - jene, die jeder benutzen kann. Wenn er es tut.
Ich lebe meine Träume.
Wenn ich kann.

Träume leben ist schwierig. Träume haben viele Gesichter. Es ist ein hartes Geschäft, denn Träume befassen sich mit allem Möglichen. Wenn man tagträumt, hat man die Kontrolle, kann sie lenken, bleibt hübsch und unverbindlich. Supercool. Oder superniedlich. Disney-Wäldchen, in denen die Sonne scheint und die Vögel eingängige Melodien singen.
Doch nachts geht es anders zu, dann kontrolliert der Verstand das Herz nicht mehr und es tobt sich aus, stöbert durch die Seele und zerrt alles Mögliche und Unmögliche hervor. Vergessenes und Verdrängtes. Unterdrücktes und Verlorenes... Und ganz schnell startet im Disney-Wäldchen Blair Witch Project.
Ich lebe auch diese Träume. Zugegebenermaßen mit weniger Begeisterung, aber auch sie haben es verdient, zu fliegen. Schon, damit sie weg sind. Ich habe so mit dieser Einstellung Krebs und Chemo überstanden - und ja, das war hart. Auch anderes war hart, aber das ist kompliziert, zu kompliziert für einen Blog. Auch deshalb schreibe ich an einem so monumentalen Werk.

Über das Schreiben hinaus möchte ich meine Träume wirklich umsetzen. Ich will meine Bücher in den Buchtempeln sehen. Dafür tu ich viel. Jeden Tag. Damit mein Buch dort ist, wo ich es mir hinträume, gehe ich neue Wege, ersinne traumhafte Mittel, die ein E-Book in den Buchhandel tragen können, die etwas so flüchtiges wie Dateien angreifbar machen. Die es erlauben, dem kleinen Buchhändler die Angst vor den Online-Shops zu nehmen. Und so schafft es mein Heldentraum vielleicht auf seinem Weg in die Freiheit, die Welt dort ein bisschen zu verbessern.
Aber ich träume schon wieder.



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